24899 – Falsch und traurig

Heute mal wieder etwas Tagebuch-Bloggerei. Der Tod meiner Mutter beschäftigt mich weniger als erwartet, aber er hält mich beschäftigt. Vieles ist erstmals herauszufinden in den Tagen nach einem Todesfall, es wird ja nicht ständig gestorben und noch viel weniger tauschen wir uns darüber aus.

Nicht damit gerechnet hätte ich, dass im konkreten Fall selbst die Basics nicht erfüllt werden, so zum Beispiel, dass anfangs nicht zu erfahren war, wohin genau die Leiche gebracht wurde. Man muss dazu wissen, dass meine Mutter eine gesetzliche Betreuung hatte und nach dem Eintritt ihres Todes einfach mal alle (meint die Betreuerin, meinen Bruder und mich) verständigt wurden, immer mit dem Hinweis, es sei nun dringend eine Pietät mit der Abholung zu beauftragen. Um es kurz zu machen, während ich noch recherchiere hat die Betreuerin schon eine Pietät beauftragt, ich erfahre mehr zufällig davon, als ich mit der Polizei vor Ort versuche zu klären, wo der Besitz meiner Mutter nun verbleiben soll. Die Polizei wurde eher aus Versehen gerufen, aber wenn sie einmal da ist, kann sie nicht so einfach wieder gehen. Ich bin hilfreich und schreibe eine Email an das zuständige Polizeirevier, die die Polizei von jeder Verantwortung für die Habseligkeiten meiner Mutter freispricht. Nun kann die Polizei abrücken und das Altenheim die verbleibenden Dinge in einem Karton verstauen.

Auf der Station weiß am nächsten Tag niemand, welche Pietät meine Mutter abgeholt hat. Die Frau in der Verwaltung, die das wissen könnte, hat Urlaub. Die Betreuerin ebenfalls, beide für mich nicht zu erreichen. Ich muss also den Neujahrstag verstreichen lassen, bevor ich heute Auskunft erhalte. Nur nebenbei, nicht von der Frau im Urlaub, die ist nämlich immer noch dort, sondern von einer sehr bemühten Kollegin.

Mein nächster Anruf gilt der Pietät, auch dort ein netter und auskunftsbereiter Mensch am Telefon. Meine Mutter liegt dort im Kühlraum und letztlich verbleiben wir so, dass ich über das Wochenende (bedeutet die nächsten drei Tage) Zeit habe, „mit der Familie“ zu besprechen, was weiter geschehen soll. Montag sprechen wir uns dann wieder.

Meine Mutter selbst war – nicht nur ihr Begräbnis betreffend – recht emotionslos, sie wünschte eine Verbrennung und die Beisetzung in einem anonymen Grab. Sagt die Familie, also mein Bruder, und es würde passen. Es bleibt bei mir, das nun gemeinsam mit der Pietät umzusetzen, ich bin gespannt, wie sich das gestalten wird.

<O>

So Leute, und jetzt möchte ich bitte ein wenig mit Euch weinen. Ich meine, was muss denn alles schief gehen, dass die Mutter oder Oma stirbt und die ganze Restfamilie zuckt mit den Schultern und macht weiter, womit sie halt gerade so beschäftigt ist. Das fühlt sich sehr falsch an.

Ist aber so. Und hat vermutlich auch damit zu tun, dass meine Mutter sich so benommen hat im Leben, wie sie es tat. Trotzdem ist das falsch und traurig.

Ist aber so. Und im Leben waren doch auch alle unzufrieden miteinander, warum soll das im  Tod denn anders sein. So falsch und traurig.

Ist aber so. Und irgendwie ja auch ermutigend, wie ehrlich alle sind, keiner performt hier Trauer, nur weil das erwartet wird. Falsch und traurig.

Ist aber so … dysfunktional.

<O>

Und vielleicht hat meine Mutter doch irgendetwas richtig gemacht, weil ich zumindest nicht gerne so bin – gar nicht gerne so bin.

2 Gedanken zu „24899 – Falsch und traurig“

  1. Man kann ja auch trauern um die Eltern, die man gerne gehabt hätte, wenn es die nicht verdienen, die man eben so hatte. So halte ich es. Ich kann, glaube ich, nachvollziehen, wie sich das so anfühlt. Und es spricht sehr für dich, dass es dich traurig macht, dass niemand so recht trauern mag. Warum auch immer deine Mutter so war, wie sie eben war – ich finde, dich hat sie wirklich gut hinbekommen. Und das ist doch auch eine Leistung, die man würdigen darf.

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