Abschluss der ersten Grundübung, Verbeugungen

Dies ist ein zusammenfassender Beitrag, der 4 Posts beinhaltet, die ich während einer cirka 11-wöchigen Übungszeit verfasste. Mit dem Ende dieser Zeit habe ich meine „Verbeugungen“ (die erste von insgesamt vier Grundübungen) abgeschlossen.

17/10/2008

On the road again

2008-11-17_altar-zufluchtsbaum

Habe mich in den letzten 10 Tagen wieder auf 10 Malas Verbeugungen pro Tag hochgearbeitet (wie das geht habe ich hier bei Tag 10 beschrieben). Der große Plan sieht vor von nun an so weiterzumachen bis ich mit den Verbeugungen durch bin. Dabei will ich das Ganze wesentlich tiefer hängen, als ich das mit dem Retreat im Mai getan habe. Keinerlei geplante Einschränkungen was die Lebensführung betrifft, die ergeben sich von selbst durch die körperliche Anstrengung und den zeitlichen Aufwand – cirka 3 Stunden pro Tag – , die sich aus 1080 Verbeugungen täglich ergeben. Schon jetzt zeigt sich, dass ich vermutlich für die Zeit dieser Aktion mit dem Wing Chung Training aussetzen werde. Feste Zeiten habe ich anfangs versucht, aber schon bald aufgegeben, da selbst im arbeitslosen Alltag zuviel dazwichen kommen kann. Es gilt also: Hauptsache die Verbeugungen werden gemacht, der Rest ist egal.

09/11/2008

X minus 39, Zahlenspielereien

Mal wieder nachgerechnet! Einschließlich heute noch 39 Tage lang je 1080 Verbeugungen und ich bin mit der Verbeugungsnummer durch. Das ist zu schaffen, lächerliche 42120 Stück. Die wirklich gute Nachricht: ich habe schon 68991 hinter mir.

In 5 Tagen im Laufe der Abendsitzung (die leider ach so wenig mit sitzen zu tun hat) werde ich die Zwei-Drittel-Marke durchstoßen, 74074 Stück. In 15 Tagen morgens sind drei Viertel der Strecke geschafft, 83334 Stück. Der Stücker 88889 markieren dann vier Fünftel in 19 Tagen. Und ab dann ist es ein Klacks, gerade nochmal 20 Tage.

Falls Ihr jetzt nachrechnet, wann ich den ganz fertig sein werde, bedenkt dass ich alle sechs Tage einen Tag Pause mache. Heute ist so ein Pausentag, was mir die Muse gibt, mich mit meinem Taschenrechner vor den Blog zu setzen. Und falls Ihr nicht nachrechnen und Euch stattdessen auf mich verlassen wollt, ich könnte punktgenau an Weihnachten (einschließlich) fertig sein. Vermutlich aber werde ich Weihnachten einfach nichts tun und mir die letzten 1080 Verbeugungen für die Zeit zwischen den Jahren aufheben. „Zwischen den Jahren“ ist ohnehin mein Puffer und Ersatzzeitraum für alle unvorhergesehenen Aussetzer bis dahin (nebenbei, es gab seit Beginn der Aktion nur einen sehr vorhersehbaren Tagesaussetzer, meinen Geburtstag). Ziel ist in diesem Jahr die Verbeugungen zu beenden. Dann muss ich mir das an Neujahr nicht vornehmen.

11/11/2008

X minus 37, Wozu das alles, zum wiederholten Mal

Mein Lieblingsreiselehrer hat einmal in einem Anfall rücksichtsloser Offenheit mitgeteilt, dass die meisten – sagte er nun Fortschritte, Verwirklichungen, Entwicklungen – …? Ich weiss es nicht mehr und muss es anders ausdrücken. Er sagte, nun …, die meisten der Dinge oder Erfahrungen, die wir in den ersten Jahren unserer Praxis der Meditation zuschreiben, seien eingebildet. Womit er nicht sagen wollte, dass gar nichts geschieht. Was geschieht erläuterte er an dieser Stelle nicht, es war nicht Inhalt des Vortrages.

Einige Tage zurück hatte ich eine Verbeugungs-Session, während der mir mal wieder die Frage im Kopf herum ging, was ich hier eigentlich mache, wenn doch ohnehin alles, was ich an Wirkungen so zu verspüren glaube, nur eingebildet sei. Kurz darauf holte ich mein Notizbuch neben das Brett; mir fiel unglaublich viel ein, wozu die Zeit der Grundübungen wohl dienen mag.

Die traditionelle Antwort lautet Energiebahnen öffnen, negative Eindrücke reinigen und positive Eindrücke aufbauen. Das fiel mir nicht ein und es gibt andere, die das besser erklären können.

Bei mir im Notizbuch steht als Überschrift „Themen während der Meditation“. So auf die Schnelle konnte ich’s nicht genauer fassen. Meint: in den ersten Jahren klären wir mit uns selbst ab, ob, wie, und unter welchen Umständen wir meditieren wollen oder können. Wir bearbeiten Themen, die uns die spätere Praxis erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Vermutlich sind das bei jedem andere, meine Themen – soweit bewußt – seien hier in Stichworten benannt.

  • Was bedeutet „Üben“ für uns?
  • Bemühung
  • Zielorientierung
  • Schläfrigkeit/Erregung während der Meditation
  • Wodurch bin ich ablenkbar?
  • Nicht im gegenwärtigen Augenblick sein, sondern im Nachher („Ganz verspannt im Dort und Dann“)
  • Wofür verwende ich meine Zeit? Welchen Wert gebe ich dieser Zeit?
  • Genießen und Genußfähigkeit
  • Neigung zum Selbstbetrug
  • Neigung zum Vergleichen mit anderen

Sobald ich den Kopf dafür frei habe, werde ich die Stichworte erläutern und auf den jeweiligen Artikel verlinken.

28/12/2008

X minus 0

Gestern abend bin ich mit den Verbeugungen fertig geworden. Auffällig und erklärbar, dass ich seit 4 Wochen keine Einträge verfasst habe. Im Zentrum gab es eine heftige Auseinandersetzung, die alle Energie auffraß. Mittlerweile ist dieser Konflikt befriedet, doch es ist wie nach jedem Konflikt, die Trümmerfelder aufzuräumen wird eine Weile dauern. Selbstverständlich hatte der Konflikt Auswirkungen auf meine Praxis. Ich war sehr unkonzentriert und hätte sie vermutlich sein gelassen, wenn ich mich nicht an mein Vorhaben geklammert hätte, noch in diesem Jahr fertig zu werden. Ob das gut war will ich nicht beurteilen. Subjektiv betrachtet habe ich in den letzten vier Wochen nichts getan, das die Beschreibung „Meditation“ verdient. Trotzdem habe ich jede einzelne gezählte Verbeugung auch gemacht. Manchmal unter widrigsten inneren Umständen, manchmal spät nachts, gelegentlich in den Werbepausen beim Fernsehen. Das Beste, was ich sagen kann, ist: Ich habe nicht aufgegeben. Ein paar Stichworte habe ich zwischendrin notiert, die jetzt aufarbeiten will.

Es bietet sich an mit den Widrigkeiten fortzufahren. Es gibt eine kleine Liste mit den „Gebrechen“, die sich so während dieser Aktion eingestellt haben. Im Rückblick kann ich nur dazu ermutigen, sich durch nichts entmutigen zu lassen. Anfangs hätte ich mir beinahe Hornhaut an beiden Knieen geholt, ein eher kosmetisches Problem, verursacht durch die rauhe Decke, die ich als Unterlage verwendete. Abhilfe schaffte Zinksalbe und ein Kunstseidenbezug auf dem unteren Teil der Unterlage. Was nicht verhindern konnte, dass ich mir später eine Brustwarze wundgescheuert habe, weil ich mit freiem Oberkörper zugange war. Das geschieht auch empfindlichen Marathonläufern, Vaseline und mit Pflaster abkleben hilft. Ich glaube es gibt kaum ein Gelenk, dass sich zwischendrin nicht bemerkbar gemacht hätte. Knie und Ellbogen zuerst, später eine kurze Zeit, in der Gelenke in Mittelfuß und -hand deutlich zu spüren waren. Ganz zum Schluß kamen Hüfte und Schulter. Ob die kurzen Nackenschmerzen Gelenk- oder Muskelschmerzen waren, weiß ich nicht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es eine kurze Zeit gab, in der regelmäßig ein Zahn anfing zu pochen, wenn ich mich verbeugte. Eine mir bekannte Schwachstelle, die ich auf eine latente Entzündung zurückführe, die sich immer dann meldet, wenn ich mt der Abwehr unten bin. Und letztlich schien zweimal eine Erkältung im Anzug, Kreislaufschwäche und starkes Schwitzen (stärker und früher als ohnehin) verlangten Pausen zwischendrin.

Wie damit umgehen? Erstens: einfach nichts als Grund zum Aufhören anerkennen! Zweitens: Eine Grenze definieren, ab der was-auch-immer doch anzuerkennen ist. Bei mir war das so, dass ich mit einer Session von 1080 Verbeugungen mit Grundgedanken, Vergegenwärtigung, Boddhisattwaversprechen, Wünschen und Widmung unter günstigen Bedingungen etwas über eine Stunde brauchte. Wenn mir gerade irgendwas zu schaffen machte, habe ich erstmal die Geschwindigkeit herausgenommen und weiter gemacht. Die Vereinbarung mit mir selbst war, dann aufzuhören, wenn eine Session nicht mehr innerhalb von eineinhalb Stunden durchzuführen wäre. Glücklicherweise ist es nie soweit gekommen.

Stichwort (eigentlich Stichsatz): Wie sich meine Verbeugungspraxis über die Jahre entwickelt hat. Nun, als ich begann hatte ich die Überzeugung, dass das „meine“ Übung sei. Wie beim Marathon hochtrainieren und dann zügig fertig werden, ganz einfach. Nur dass ich’s lange Zeit nicht durchgezogen habe, zwischendrin sogar den Glauben verlor, es jemals auf diese Weise anzugehen. Die ersten 15.000 haben sich dann ziemlich lange hingezogen. Angenehm war es während der Zeit, in der wir uns regelmäßig morgens im Zentrum trafen und anschließend gemeinsam frühstückten. Aber mit 216 Verbeugungen mal fünf Tage die Woche (1080, das ist exakt die Anzahl, die ich zum Schluß am Tag machte) kommt man natürlich nicht weit. Zumal wir das mit den regelmäßigen Treffen umständehalber auch wieder aufgaben und alleine fast nichts passierte. Es kam eine Periode, in der ich mich „auf Diamantgeist konzentrierte“. Das ging so bis zu diesem Mai, in dem ich mich zu einer intensiven Verbeugungszeit zurückzog, nachzulesen im Archiv, einfach links „Archiv“ und dann „Mai 2008“ anklicken. Nochmals 15.000, diesmal am Stück innerhalb von drei Wochen. Und dann wieder lange nichts.

Im September 2008 war ich dann in Becske zur Stupa-Einweihung und auf dem Nöndro-Kurs von Sherab Gyaltsen, zehn Tage zu Grundgedanken und Grundübungen. Ohne sagen zu können, was es war, igendwas muss mich dort so angekickt haben, dass ich Anfang Oktober den Entschluß fasste, noch in diesem Jahr mit den Verbeugungen fertig zu werden. Eine kurze Überschlagsrechnung zeigte, dass das ein ehrgeiziges aber zu erreichendes Ziel sei. Das mich bis heute beschäftigt hat, überschlagsweise 80.000 Verbeugungen in knapp drei Monaten. Letzten Endes bin ich also zu dem zurückgekommen, was ich anfangs für möglich hielt, hochtrainieren und durchziehen.

Und was hat es gebracht? Bauchmuskulatur und Trizeps sind in gutem Zustand. Das ist die einzige Stelle, an der ich zweifelsfrei bereit bin, die Verbeugungen als Ursache gelten zu lassen. Ansonsten spreche ich lieber von zeitlich-gemeinsamen auftreten. Sei’s drum, ich habe wieder ein Sexualleben, auch wenn ich mich noch nicht so recht dazu überreden kann, es eine Beziehung zu nennen. Mein Interesse an traditionellen Belehrungen hat zugenommen. Es gab eine Zeit mit sehr interessanten Träumen, die mich alle in meine Jugend zurückführten und erstaunliche Wendungen nahmen. Und auch in meiner Wachwelt scheine ich mich mit Konflikten herumzuschlagen, die ich eher einem jugendlichen Geist zuschreiben würde. Auch dass ich im gegenwärtigen Konflikt mit „Entfremdung von den Älteren“ reagiere sehe ich vor diesem Hintergrund. Nennen wir es im Gesamtergebnis mal vorsichtig eine „Verjüngung“.

Stupa-Einweihung in Becske/Ungarn

In den Monaten August und September wurde in Becske/Ungarn ein Erleuchtungsstupa gebaut, dessen Einweihung am 14.9.2008 stattfand. Ein Blog beschreibt die Vorbereitungs- und Bauzeit. Wer schon immer mal wisen wollte, was in diesen Bauwerken alles so drin ist, findet hier viele Fotos und einige Beschreibung.

Update (16.7.2023): Leider gibt es das oben genannten Blog nicht mehr. Gut, dass ich bei der Einweihung war, zusammen mit vielen anderen Freiwilligen bei den Vorbereitungen dafür geholfen und einen eigenen Artikel darüber geschrieben habe.

Boddhi-Zendo in Indien

Der Innenhof des Boddhi-Zendo in Indien. Dort habe ich dreimal einen Monat Zen geübt. Wer sich für einen Aufenthalt dort interessiert ist eingeladen, sich für einen Aus-erster-Hand-Bericht an mich zu wenden.

Update (28.2.2010): Das dem Zendo nächstgelegene Städtchen ist Kodaikanal; einmal die Woche gab es Gelegenheit, dort den Nachmittag zu verbringen. Habe gerade auf freitag.de einen Artikel darüber gefunden. Lesenswert.

Update (16.7.2023): In der Zwischenzeit habe ich die Tagebücher von meinen Zendo-Aufenthalten digitalisiert und hier eingestellt. Den Einstieg findet Ihr hier.

Zentrumsarbeit ist keine Dharmaarbeit

„Zentrumsarbeit ist nicht Dharmaarbeit“, diese Aussage hat in letzter Zeit für einige Diskussion gesorgt. Erinnern wir uns, dass ich sie erstmals im Zusammenhang mit meinem Wunsch erwähnte, in Zukunft weniger Zentrumsarbeit zu leisten und mich mehr ums Dharma zu kümmern. Meinte in diesem Zusammenhang: die Art, wie ich Zentrumsarbeit leiste, wird von soviel Störungen begleitet, dass es mir oft genug nicht gelingt, die Sichtweise aufrecht zu erhalten. Ich emotionalisiere und personalisiere Vorgänge oder Entscheidungen statt sie gleichmütig als offen, klar und unbegrenzt anzuschauen. Das tut mir nicht gut und anderen auch nicht. Sich unter diesen Umständen aus der Arbeit (Zentrumsarbeit) zurückzuziehen um einen etwas klareren Blick zu bekommen (Dharmaarbeit) scheint klug.

Wir wissen, was geschah. Noch am gleichen Abend sind andere in die Schuhe geschlüpft, die ich mir hingestellt hatte, um sich zu beschweren, dass sie ihnen nicht passen.

Hätte ich zum Zeitpunkt meiner Äußerung gewusst, wie sehr sie einige Menschen beschäftigen würde, hätte ich sie abgefedert, etwa mit der Anmerkung, dass Zentrumsarbeit sehr wohl Dharmaarbeit sein kann, wenn sie mit der rechten Motivation und Sichtweise ausgeführt wird, ich keineswegs den Verdienst Anwesender schmälern möchte, sondern mich auf mein eigenes Unvermögen beziehe, et cetera. Habe ich nicht getan, denn es schien mir, nein, es ist sehr einfach: beide Begriffe sind definiert und da sie nicht deckungsgleich definiert sind, ist die Aussage „ist nicht“ richtig. Bezogen auf mich und die Innenwahrnehmung meiner Arbeit sogar doppelt richtig.

M.F. aus FFM hat bezüglich der „Dharmaaktivität“ Definitionshilfe geleistet. Er nennt fünf Punkte, die zusammenkommen müssen, damit wir von Dharmaaktivität sprechen können. Auf äußere Ebene handelt es sich
1. um eine der zehn heilsamen Handlungen und
2. zählt nicht zu den zehn unheilsamen Handlungen.
3. dient die Handlung der Umsetzung einer der sechs befreienenden Handlungen.

Auf innerer Ebene soll
4. mit der Bodhisattvaeinstellung (zum Wohle aller Wesen zu arbeiten) und
5. mit der höchsten Sichtweise (alles ist leer, klar, unbegrenzt) und reinsten Sichtweise (alles ist phantastisch, so wie es geschieht)
gehandelt werden.

Markus vergisst auch die verneinende Form der Aussage nicht, er formuliert: Fehlen diese Punkte, handelt es sich nicht um Dharmaaktivität.

Von nun an kann jeder selbst beurteilen, ob er im Zentrum Dharmaarbeit leistet oder nicht. Es ist ganz einfach: Zentrumsarbeit, die unter Berücksichtigung der genannten fünf Punkte geschieht, IST zugleich Dharmaarbeit, Zentrumsarbeit, die die genannten Punkte vernachlässigt, IST NICHT Dharmaarbeit.