Kategorie: g.blogt
Der tägliche Kleinkram
Drei Arten Mitgefühl
Der tibetische Lama an sich ist systematisch. Wenn es drei Arten Leid gibt, kann man diesem Leid selbstverständlich mit drei Arten Mitgefühl begegnen. Wir haben also
Mitgefühl
- mit leidenden Wesen,
- mit vergänglichen Wesen und
- mit bedingten (oder“leeren“) Wesen.
Wobei mir noch unklar ist, ob das Mitgefühl den Wesen gilt weil sie leiden, vergänglich und bedingt sind oder weil sie unter diesen Zuständen leiden.
Drei Arten Leid
1. Leid des Leides (von A bis Z)
Leid des Leides tut weh, entweder gleich und richtig oder langsam und auszehrend. Kennt jeder, wird von jedem erkannt („Autsch, …“), muss kaum erklärt werden. Einige willkürliche Beispiele:
Armut, Blindheit, Camping, Durchfall, Fußpilz, Groll, HIV, Impotenz, Jungfräulichkeit, Konkurs, Leberhaken, Mundgeruch, Nikotinsucht, Orangenhaut, Paranoia, Quasselei, Reizüberflutung, Schlaflosigkeit, Treue, Untreue, Verbitterung, Witzigkeit (bemühte), Xenophobie, Y-Chromosom, Zahnschmerz
2. Leid der Vergänglichkeit (von A bis A)
Phänomene sind zusammengesetzt aus Bedingungen, die vergehen. Vergehen die Bedingungen, vergehen die Phänomene. Deswegen dauert nichts ewig, die Liebe nicht und nicht der Tod. Das gilt so sehr für alles, dass wir es groß schreiben müssen:
Alles
3. Leid der Bedingtheit (von A bis Z)
Wird auch beschrieben als Leid an der Fremdbestimmtheit, wir leiden daran, dass wir weder unsere Umwelt noch unseren Körper oder unseren Geist kontrollieren können. Auch hier einige Beispiele:
Anwesenheitspflicht, Beziehungsabbruch, Copyrights, Dunkelheit, Einstellungsstop, Formalismus, Gewalt, Hierachiebildung, Indiskretion, Jurisdiktion, Klimawandel, Lauschangriff, Minimalkonsens, Nullsummenspiel, Ozonloch, Prinzipienreiterei, Quacksalberei, Routine, Sparkurs, Treue, Untreue, Verleumdung, Wetter, Xenophobie, Yankees, Zensur
Drei Arten Mitgefühl
Der tibetische Lama an sich ist systematisch. Wenn es drei Arten Leid gibt, kann man diesem Leid selbstverständlich mit drei Arten Mitgefühl begegnen. Wir haben also
Mitgefühl
- mit leidenden Wesen,
- mit vergänglichen Wesen und
- mit bedingten (oder“leeren“) Wesen.
Wobei mir noch unklar ist, ob das Mitgefühl den Wesen gilt weil sie leiden, vergänglich und bedingt sind oder weil sie unter diesen Zuständen leiden.
Verbeugungsretreat
Dies ist ein zusammenfassender Artikel, der alle Posts beinhaltet, die ich im Mai 2008 während einer intensiven Übungsphase schrieb.
10/05/2008
Tag 1
Wie es empfohlen wird habe ich mit der letzten Sitzung des Tages begonnen. Anreise heute Mittag, erste Gespräche mit meine Mitbewohnern. Das Sommerwetter scheint auch auf die Laune positiven Einfluss zu haben, wenig Klagen nur und die wenigen durchaus mit Verständnis für die Bedürfnisse der jeweils anderen geäußert. Auch ein wenig auf dem Gelände herumgeräumt und mir angesehen, was die nächsten Tage zwischen den Meditationen zu tun ist.
Im Bestreben pünktlich anzufangen wurde ich fast ungeduldig, hätte früher beginnen können, als es der Zeitplan vorsah. Als ich dann saß fielen mir auch gleich die ersten „Mängel“ – oder sagen wir besser „notwendige Veränderungen“ – auf. Der Buddha steht zu tief, empfohlen wird Augenhöhe oder höher, so wie er jetzt steht blicke ich auf ihn herab, womit das Verhältnis zwischen uns falsch beschrieben ist. Da er unmittelbar vor einer Scheibe steht, denke ich an eine Glaskonsole vor der Scheibe, irgendetwas „leichtes“, das nicht zuviel von der Sicht nimmt.
Die Meditation selbst war anregend im Wortsinn, auch hier schlug das Sommerwetter durch. Im Sommer will der Nachwuchs gezeugt sein und zumindest in meinen Phantasien war kein Wesen von seiner Natur getrennt. Sehr angenehm das alles, auch wenn dadurch das Mantrensprechen deutlich langsamer geht. Und das Phänomen selbst ist ja keineswegs neu. Während eines ZEN-Sesshins habe ich mich mal in die Füsse einer siebzigjährigen Nonne verliebt. Wer sowas ernst nimmt hat verloren. Die gute Nachricht: auch solche Zustände sind vergänglich.
Was mir gerade auffällt, weil ich auf die Uhrzeit der Veröffentlichung schaue: Ich habe tatsächlich eine Stunde früher als beabsichtigt angefangen. Soviel zum Thema Pünktlichkeit.
11/05/2008
Tag 2
Manche legen ihre Autos tiefer, ich meinen Buddha höher. Ist gestern ziemlich bald nach dem Blogeintrag geschehen.
Habe heute mit den Verbeugungen angefangen und es ging besser als ich erwartet hatte. Die 2 Malas (für Nicht-Budhisten entspricht das einer Anzahl von 216), die ich immer mache, waren auch nach langem Aussetzen noch möglich, wenn auch etwas langsamer. Bis jetzt, es ist Abend, fehlen auch die Anzeichen für den erwarteten Muskelkater. Es hat mir gut getan ganz in meinem eigenen Tempo zu üben und erstmals ist mir aufgefallen, dass ich mich vielleicht selbst unter Druck setze, wenn ich gemeinsam mit anderen die Verbeugungen mache. Ich bin dann zwar schneller, aber auch – wenn wunderts – erschöpfter. Morgen möchte ich auf 3 Malas (ja, 324) steigern, einfach weil es mir möglich scheint und auch im Zeitrahmen von eineinhalb Stunden noch gut unterzubringen ist.
Die Verschmelzungsphase noch den Verbeugungen habe ich sehr genießen können, auch das halte ich für ein Ergebnis des eigenen Tempos und der im Überfluss vorhandenen Zeit. Im Zentrum und gemeinsam mit den anderen neige ich dazu, schnell fertig werden zu wollen. Hier ist nach 2 Malas noch soviel Zeit für jede Sorte Rezitation und Verschmelzung, dass es einfach keinen Sinn ergibt, sich zu beeilen. Möglicherweise unterstützt auch die körperliche Erschöpfung die Meditation.
Unerwartet dumpf dann die Diamantgeist-Einheiten, ich kann nur schlecht still sitzen, verändere unnötig oft die Sitzposition, bin unkonzentriert. Hmm, dann soll es halt so sein! Im Moment möchte ich ohnehin lieber bei den Verbeugungen zulegen und da kann es nur hilfreich sein, wenn die Diamantgeist-Meditationen etwas schwerer fallen.
In der meditationsfreien Zeit komme ich nur schwer ins tun. Bis jetzt ist mir außer lesen, kochen und essen nur wenig eingefallen. Ich hoffe, das ändert sich noch.
12/05/2008
Tag 3
Verbeugungen wie geplant auf 3 Malas gesteigert, allerdings weniger freudvoll als erhofft. Diamantgeist ist auch mühsam, ich bin leicht abzulenken und lasse mich weiterhin nur allzugerne auf meine Phantasien ein. Mir fällt dazu nur das Bild von dem störrischen Pferd ein, das zum Zähmen immer näher an den Pflock herangezogen wird. Ihr wißt schon: Pferd-Pflock, Geist-Fokus.
Nachmittags dann Besuch aus dem Zentrum, nicht für mich sondern für J. und D., Team-Grillen. Wäre gerne länger dabei gewesen, war aber durch einen Herrn mit Dorje und Glocke verhindert. Trotzdem gabs zum Abschluss eine gemeinsame Karmapa-Meditation bei mir im Wagen, gelesen aus der roten, „historischen“ Ausgabe. Immer mal wieder kleine Irritationen, weil sich auch der darin als aktuell bezeichnete Text etwas von dem gegenwärtig verwendeten unterscheidet.
Gestern mittag habe ich in besagter roter Ausgabe mal den Text gelesen, wie er früher, um nicht zu schreiben: damals, gelesen wurde. Alles sehr ausführlich und eingängig hergeleitet. Sehr lang, verglichen mit dem Text heute, aber auch verständlicher …
Wißt Ihr was? Bevor ich jetzt anfange Meditationstexte zu rezensieren hör ich einfach auf. Der Lama wirds schon richtig machen, auch ohne mich.
13/05/2008
Tag 4
Heute ist dann, wenn auch verspätet, doch noch der Muskelkater angekommen. Es braucht so um die 30 Verbeugungen um ihn aufzulösen. Nebenbei macht sich das rechte Knie bemerkbar und findet die ganze Idee absurd. Das Großhirn produziert Erkenntnisse von ähnlicher Überzeugungskraft wie damals unsere drogeninduzierten Pläne zur Rettung der Welt, leider auch genauso wenig in die Realwelt herüberzuretten. Das Kleinhirn langweilt sich und entzieht sich jeder schicklichen Beschreibung. Kurz: es ist nicht einfach.
„Nur weniger begegnen seinen Lehren und noch weniger sind fähig zu verwenden.“ Während des Meditierens schaue ich auf M’s Wagen. Er ist von Buddhisten umzingelt, ich vor ihm, drei weitere hinter ihm. Seit Kurzem ist eine buddhistische Freundin hinzugekommen. Und was tut er? Liest er die Zeichen? Nein, stattdessen klammert er sich an seine Krishnesen-Vergangenheit und ganzheitliches Kiffen mit Schamanen. Da weiß man, was man hat – da hat man was davon.
Nachdenken über mein Verhältnis zur Zeit, zu „meiner“ Zeit. Nachdenken über meinen Fetisch: Zeit – „meine“ Zeit – Zeit „für mich“.
Wenn Reinigung bedeutet, die Dinge in ihrer Leerheit zu erkennen, was bedeutet das für unsere Diamantgeistpraxis?
Während der zweiten Einheit Verbeugungen meldet sich nun das linke Knie, das rechte hats schon hinter sich und hält still. Der Muskelkater hat neue Kraft geschöpft und will auch erst wieder gebeugt werden. Wie’s mir geht? Geht so!
Der Abend vergeht zäh. Ein kurzes Aufflackern von Aktivität scheitert an einem nicht vorhandenem Bohrfutterschlüssel. Lesen, essen, dann finde ich auf dem Laptop ein längst vergessenes Verzeichnis mit Filmen, die ich mir mal anschauen wollte. OK, fernsehen hatte ich mir verboten, wie es sich mit Konservenkost verhalten sollte, darüber gabs keine Aussagen, also kam es, wie es kommen musste.
Nachtrag: Später habe ich dann auch einen Bohrfutterschlüssel gefunden (wohlgemerkt nicht „den“ Bohrfutterschlüssel, aber der Maschine wärs egal gewesen).
14/05/2008
Tag 5
Der erste wirklich angenehme Tag. Ausgewogen in Meditation, Aktivität und Gespräch. Der Start noch mühsam, Muskelkater stärker als an den Tagen zuvor. Da ich nicht nachgebe gibt schließlich der Muskelkater nach, die Übung wird flüssig und schmerzfrei. Und so bleibts dann auch, nicht nur mit dem Muskelkater sondern auch mit allen anderen Schmerzen, die sich an den Tagen zuvor bemerkbar gemacht hatten. Äußerlich habe ich kaum was verändert, ein zusätzliches Fell im Fußbereich schützt jetzt Knie und Span vor Abrieb.
Diamantgeist heute das erste Mal auf meinem Meditationsplatz im Freien. Warum ich nicht schon vorher raus bin, ist mir unklar. Bemerkt hatte ich schon, dass ich drin blieb, obwohl das Wetter die Meditation im Freien zugelassen hätte; ich wollte nicht. Vielleicht morgen nochmal raus, dann werde ich die Verbeugungen so gesteigert haben, dass alle drei Einheiten von ihnen belegt sind. Und Verbeugungen finden drinnen statt, in geschütztem Rahmen. Ich würde mir ungern von Nicht-Bhuddies dabei zuschauen lassen. Zum Einen müsste ich zuviel erklären und zum Anderen bin ich gerade nicht mit meinem Körper zufrieden, möchte ihn nicht herzeigen in verschwitzter Übergewichtigkeit.
Aktivitätsmäßig bastle ich an meiner Elektrik. Will eine Lichterschlange als Orientierungslicht durch beide Wagen und den Anbau laufen lassen. Dabei soll sie dann von beiden Eingängen und vom Schlafbereich aus zu schalten sein. Ist unter günstigen Umständen nicht sehr schwer zu verwirklichen, aber bei mir im Wagen schon knifflig. Am Schwierigsten immer die Entscheidung auf welchen meiner verschiedenen Ansprüche ich gerade verzichten soll.
15/05/2008
Tag 6
Bin heute mit meiner Elektrikbastelei zu einem „vorläufigen Endergebnis“ gekommen und sehr zufrieden. Das Orientierungslicht funktioniert. Hat immerhin zwei Jahre gedauert, bis die zwei Nachmittage gefunden waren, um zu beenden, was da schon voller Potential in den Wänden hing.
Der Aufenthalt im Wagen tut ihm gut, mir fallen allerlei Einrichtungsideen ein, die ihn langfristig wohnlicher machen werden. Aber es gibt noch sehr viele Kleinbaustellen abzuschließen (siehe Bild), bis es richtig gut sein wird.
Der Start heute morgen eher beschwerlich. Mir war nach jammern, also habe ich gejammert und gestöhnt, übertrieben und mir selbst zur Verdeutlichung, bis es mir zuviel wurde. Kann schon ganz lustig sein, so mit sich allein.
Zwischendrin immer wieder mal Einfälle, von denen ich denke, dass sie für den Blog taugen. Abends vorm Notebook ist dann alles weg.
Habe gestern abend das letzte Stück Prosa ausgelesen, mit dem ich mich bis dahin von der Dharma-Lektüre abgehalten habe. Als Meister aller Kompromiss-Klassen hatte ich gut gewählt: Ein Krimi der ihm heutigen Tibet spielt, die chinesischen Besatzung in ihrer Unmenschlichkeit und Korruption zeigt, trotzdem eine chinesischen Hauptcharakter hat und diesen gemeinsam mit Westlern einen Kunstdiebstahl aufklären läßt. Zwischendrin ein Hauch Indiana Jones, wenns in den Erdbändigungstempeln auf Schatzsuche geht. Gegen Ende sterben die Bösen alle und auch ein paar von den Guten, wies halt so ist, nur unerwartet früh eben. Unterm Strich spannend und gar nicht dumm. Wenn nur der Titel nicht wäre, „Der verlorene Sohn von Tibet“, der mir immer noch Rätsel aufgibt. Wer von den Charakteren könnte gemeint sein? Eliot Pattison, der Autor, hat das Buch im Original „Beautiful Ghosts“ genannt, das ist auch nicht hilfreich und ähnlich schwer zuzuordnen.
16/05/2008
Tag 7
Nachdem die körperlichen Beschwerden nicht allzu stark sind, sondern eben so, wie sie sind, wenn man die Anforderung täglich steigert, beginnen nun die Kopfsachen. Heute morgen war ich nach der ersten Einheit fest davon überzeugt, dass auf meinem Brett keine weiteren Verbeugungen mehr möglich sind. Es ist viel zu stumpf. VIEL zu stumpf! Also bin ich los und habe auf dem ganzen Platz geschaut, ob es nicht was, irgendwas, gäbe, auf dem sich besser rutschen ließe. Zwischendrin sogar an große, feste Glasplatten gedacht (Michel hatte mal so eine, da konnte man links und rechts Balken unterlegen und dann in der Mitte drauf rumhüpfen. Hat er leider in seinem Dach verbaut, wie mir bei dieser Gelegenheit auffiel). Normale Glastürenscheiben gecheckt, keine gute Idee bei näherer Betrachtung. Bei den Glastüren ist mir dann eine Plastikscheibe eingefallen, die ich noch hinter Hannahs Wagen stehen hatte. Die also aus dem Rahmen geholt, nur um festzustellen, dass sie doch ähnlich stumpf ist, wie mein Brett. Und außerdem zu schmal. Das Brett nochmal angeschaut. OK, es ist stumpf und es liegt am Material. Andererseits, wenn ich Kopf und Fußteil vertausche, kann ich ein paar Tage rausholen, während der ich mich um ein anderes Brett bemühen kann. Unnötig zu sagen, dass die zweite Einheit auf dem gewendeten Brett recht mühelos zu bewältigen war. Aber bei der dritten Einheit, da fings schon wieder an!
Bei meiner Sucherei nach einem besseren Brett ist mir so allerlei anderes Material begegnet. Als Folge daraus habe ich heute in den Pausen dann einer weiteren Ob-das-in-diesem-Leben-noch-passiert-Baustelle etwas Energie gewidmet und bin jetzt ganz zuversichtlich, dass es noch in den nächsten 14 Tagen geschieht. Wenns geschehen ist gibts Vorher-Nachher-Bilder.
Nebenbei war ich heute auch das erstemal versucht, die Meditation zugunsten der Arbeit etwas, nur etwas, aufzuschieben. Fast hätte ichs getan, aber dann hat sich der Meditations-Held in mir doch durchgesetzt.
Den Abschluß des Tages hat ein Wannenbad gebildet. Plus Rasur, weil ich mich immer beim Baden rasiere. Vermutlich habt ihr Euch nichts dabei gedacht, dass bis jetzt die körperliche Hygiene unerwähnt blieb. Es wird Zeit, ein Geheimnis mit Euch zu teilen. Sie blieb unerwähnt, weil sie nicht stattfand. Ehrlich. Könnt ihr Euch nicht vorstellen, ich weiß. Ebenso ehrlich: wenn ich Besuch erwartet hätte oder in einer Beziehung leben würde, dann hätte ich mal geduscht oder wäre der Einfachheit halber in den Pool gesprungen (ja, ich weiß, für einen Teil von Euch auch keine Lösung). Aber so. Mir ist Wasser wirklich kein Bedürfnis, wenns Trainingsschweiß ist mag ich den Geruch sogar. Ich wasch mich nur für Euch, weil ich weiß, dass ihr nasenmäßig etwas empfindsam seid.
Tja, soll ich den letzten Absatz zensieren oder ins rechte Licht rücken? Zensieren ist blöd, irgendwie gehört das zu den Retreatbedingungen wie ich sie mir geschaffen habe und wie ich sie genieße. Und da gehört irgendwie diese Unästhetik des halbnackt Verbeugens und danach einfach nicht Duschens dazu. Ich bin hier Alleine (großgeschrieben, Ausrufezeichen)! Ich mach das für mich und zu meinen Bedingungen. Und diese Bedingungen sind Ausnahmebedingungen. Eine von diesen Bedingungen, eigentlich eine Alltagsbedingung, die ich hier nur anders angehen kann, heißt Schuppenflechte und die wird von Wasser lebhafter und muss dann mit cortisonhaltiger Salbe wieder niedergekämpft werden. Ein flexibler Geist, der es liebt Krankheiten zu ignorieren, lässt mich Wasser meiden, noch bevor ich überhaupt an Schuppenflechte denke. So erkläre ich mir das. Und Meerwasser find ich toll.
Ob das rechtes Licht genug ist? Zur Sicherheit und Wiederherstellung meines hygienischen Rufes erkläre ich an Eides Statt, dass ich mir zu Bedingungen der letzten Partnerschaft regelmäßig morgens und abends die Zähne putze, einmal am Tag (zumeist morgens) dusche und mir abends vor dem zu Bett gehen die Hände wasche.
17/05/2008
Tag 8
Der zweite Tag, an dem alle Einheiten Verbeugungen sind, heute 8 Malas (854). Ich spüre die körperliche Anstrengung, leichte Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich, Müdigkeit. Die letzte Einheit läßt mich nach nur zwei Malas Verbeugungen mit zuviel Zeit vorm Altar zurück. Ich gehe einen Kompromiss mit mir ein: ich darf die Einheit früher beenden, wenn ich in dieser Zeit „zum Nutzen der Wesen“ die Verstopfung in Abfluß der Spüle beseitige. Reinigungspraxis der besonders praktischen Weise.
Abends Einzugsfest von Frede. Schön, wenn einem das Leben bis vor die Haustür gebracht wird. Unerwartetes Wiedersehen mit A. nach ich weiß nicht wie langer Zeit, irgendwas zwischen einem und zwei Jahren. Beide gehen wir nicht auf unseren, meinen Abbruch des Kontaktes ein, sondern unterhalten uns, als sei nichts geschehen, was besonderer Erwähnung bedürfte. Gut so, macht den Buddhisten mindestens so froh wie den Konfliktflüchter.
18/05/2008
Tag 9
Seit heute haben wir wieder Teichhuhn-Kücken, wieviele ist noch schwer zusagen, bis jetzt habe ich immer nur zwei zur gleichen Zeit gesehen.
Das Fest gestern Abend hat tiefe Spuren in meiner Kondition hinterlassen. Für Fest-Bedingungen bin ich vergleichsweise früh ins Bett, konnte dann aber nur schlecht schlafen, zunächst wegen der anhaltenden Partylaune draußen, später dann verdauungshalber. Zuviel gegessen, vermutlich auch zuviel Fleisch, zumindest habe ich dann zweimal noch kleine nächtliche Leseeinheiten eingelegt, weil ich ohnehin wach war.
Heute morgen war dann entsprechend schwierig. Bin gerade noch pünktlich aufs Brett gekommen, nur um danach wieder ins Bett zu gehen. Trotzdem eine interessante Entdeckung gemacht. Nicht das Brett ist stumpf, sondern die Rutscher verursachen Probleme. Sie sind aus Filz und nehmen anscheinend über Nacht Feuchtigkeit auf, die sie dann weniger gut rutschen läßt. Dreht man sie um, auf die Oberseite, wo schon ein Teil der Feuchtigkeit verdampft ist, gehts wieder gut. Also die Rutscher immer schön in die Sonne legen!
Auch die Pause zwischen Einheit zwei und drei habe ich im Bett verbracht, teils lesend, teils schlafend. Beinahe hätte ich die letzte Einheit später begonnen, dann hat mich die Restdisziplin doch noch gepackt und widerwillig aufs Brett gestellt. Ganz nach Plan! Und jetzt wird der Plan geändert, bei drei mal drei Malas Verbeugungen reichen mir die Regenerationszeiten zwischen den Einheiten nicht aus, so wie die Zeiten jetzt liegen. Also ein neuer Tagesplan, gültig ab morgen:
10.00 – 11.30 Uhr, wie gehabt
14.00 – 15.30 Uhr, eine halbe Stunde später
18.00 – 19.30 Uhr, eineinhalb Stunden später
19/05/2008
Tag 10
Geschafft! Heute das erste Mal 10 Malas Verbeugungen gemacht, das bedeutet zugleich das Ende der Steigerungen. Ab jetzt solls jeden Tag so weitergehen. Der Einschnitt ist eine gute Gelegenheit zu schildern, was ich eigentlich gemacht habe. Und auch warum.
Beginnend am 2. Tag habe ich täglich eine Mala Verbeugungen mehr gemacht. Als Liste sieht das so aus:
. | Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5 | Tag 6 | Tag 7 | Tag 8 | Tag 9 | Tag 10 |
morgens | 2 | 3 | 2 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 1/3 |
mittags | / | / | / | / | / | 2 | 3 | 3 | 3 1/3 |
abends | / | / | 2 | 2 | 3 | 2 | 2 | 3 | 3 1/3 |
Nun könnte der geneigte Leser sich fragen, warum ich eigentlich so langsam gesteigert habe. Viel Muskelaufbau kann in der Zeit ja nicht stattgefunden haben. Hätte ich die 10 Malas nicht vielleicht schon am vierten Tag machen können. Vielleicht sogar am ersten. Ja, vielleicht sogar am ersten! Und dann ganz lange nicht mehr! Vermutlich hätte ich irgendwelche Beschwerden gehabt die mich von weiteren Aktivitäten abgehalten hätten.
Übernommen habe ich das langsame Steigern aus dem Marathon-Training. Und selbst dort steigern sich weniger erfahrene Läufer zu schnell, wenn sie sich auf einen Wettkampf vorbereiten. Es geht gerne vergessen, dass der körperliche Anpassungsprozess an die Leistung nicht nur die Muskulatur betrifft, sondern auch den Rest des Bewegungsapparates, den Knorpel, die Sehnen, die Stellen, wo sie an den Knochen ansetzen, kurz: das „Harte“. Und das braucht (angelesen, aber kommt wohl hin) ungefähr die dreifache Zeit der Muskulatur. Wer jetzt im Block nachliest, wird auch bemerken, wie jeden Tag was anderes wehtut, mal ziehts hier, mal dort, zumeist vergehts auch wieder. Das ist normal, so geht das. Zumindest dann, wenn man so unvernünftig schnell steigert, wie ich das getan habe! Ja, ich war immer noch zu schnell und kann froh sein, dass es geklappt hat (bis jetzt, toi-toi-toi). Eine vernünftige Steigerungsrate wäre 10 Prozent der letzten Bestleistung. Sagt der Marathon-Mann. Und macht dann meistens ganz was anderes.
Zudem hat das langsame Steigern auch einen psychologischen Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist. Man kann sich während der Aktivität (welcher auch immer) sehr sicher sein, dass man „es“ schafft. Bei vernünftiger Steigerung hat man das letzte Mal so rund 90 % des Ziels schon erreicht und die letzen 10 werden schon allein deswegen durchgetragen, weil das Ziel so nahe ist. Diese Sicherheit, dass die körperliche Leistungsfähigkeit gegeben ist, wird dann besonders wichtig, wenn der Kopf anfängt, Schwierigkeiten zu machen. Das ist beim Langstreckenlaufen genauso wie beim Verbeugen. Und bei den Meisten fängt gelegentlich das innere Quengeln an. Oder ein kleines Zipperlein bekommt plötzlich einen großen Stellenwert. Oder …, ach, die Möglichkeiten sind unbegrenzt, wie man sich selbst in die Quere kommen kann. Und dann ist es wichtig zu wissen: „Körperlich kann ich das! Das ist jetzt nur der Kopf. Der ist so, der darf das. Aber das ist vollkommen unwichtig, weil: körperlich kann ich das.“ Genug vom Marathon-Mann.
Der neue Zeitplan hat sich bewährt. Die längeren Pausen sind sehr angenehm und lassen sich auch zum Basteln besser nutzen, heute ist eine neue, schönere Stufe für den Übergang zum Anbau entstanden. Trotzdem ist es auch mit den langen Pausen deutlich, dass ich klar an meinen Grenzen angekommen bin. Ich werde von Einheit zu Einheit langsamer und auch unkonzentrierter, weil angestrengter. Ich hoffe jetzt auf einen schnellen Adaptionsprozess, wäre schade, wenn ich runterfahren müsste mit der Anzahl der Verbeugungen, einfach deswegen, weil ich nicht schnell genug regeniere.
20/05/2008
Tag 11
Ich will ja nicht klagen …
… also lass ichs auch. Danke, geht so. Ansonsten musste ich mir heute mal kurz von den Budhas freigeben lassen, meint: entgegen meinem Plan das Gelände verlassen. Gegen Mittag kam eine SMS, dass der Wiederbewilligungsantrag für das AlG II angekommen wäre und nun ausgefüllt werden will. Da ich bis zum 31. 5. im Retreat bin und das Leistungen ab 1.7. betrifft …, äh, oh Mann, das hätte ja doch warten können.
OK, hab‘ ich mich wohl selbst ausgetrickst. Ich bin davon ausgegangen (musste gar nicht viel drüber nachdenken), dass der Antrag unbedingt noch innerhalb meiner Retreatzeit zum Arbeitsamt muss, habe deshalb die dritte Einheit vorgezogen und bin anschließend nachhause gefahren. Auf dem Weg noch schnell ein paar Lebensmittel eingekauft, zuhause die günstige Gelegenheit zum Baden genutzt (ja, baden), anschließend den Antrag ausgefüllt und – schon auf dem Rückweg – gleich eingeworfen. Zwei wirklich kleine Umwege führen mich an Dönerbude und Eissalon vorbei und schon bin ich wieder da und sitze vorm Notebook.
Ach ja, fast vergessen, es sind fünf Teichhuhn-Kücken.
21/05/2008
Tag 12
Mein kleiner Ausflug gestern hat mir anscheinend gut getan. Oder vielleicht wars auch der Zucker in dem Kleinkuchen, den ich gestern eingekauft habe und heute gleich zum Frühstück hatte – und zum Mittag und zur Kaffeezeit. Auf jeden Fall hatte ich heute einen sehr guten Tag, stimmungsmässig und auch körperlich. Gerade dass es mit den Verbeugungen besser als an den zwei Tagen zuvor ging, gibt mir großen Auftrieb. Der vorgestern beschriebene psychologische Aspekt, seiner körperlichen Leistungsfähigkeit sicher zu sein und deshalb mit den psychischen Hindernissen besser umgehen zu können, ist für mich ganz wesentlich. Und, im Rückblick sei es gestanden, gestern war ich mir keineswegs sicher, ob der so dringend erwartete Gewöhnungsprozess früh genug käme.
Zwischen den Meditationen mache ich liegengebliebene Arbeiten fertig, im Moment meistens eine Kombination aus „Wand zu“ und „vorher-Elektrik-rein“. Auf diese Weise ist endlich die schaltbare Steckdose im Aussenbereich fertig geworden, die schon mindestens eineinhalb Jahre dreiviertelfertig verlegt darauf wartet, den Farn zu illuminieren.
22/05/2008
Tag 13
Die Übungen unangestrengt und in keiner Weise bemerkenswert. Zwischendrin ein paar Einfälle für den Blog, die ich notiert habe und bei Gelegenheit verwenden werde.
Mittlerweile bin ich sehr sicher, dass ich mein Pensum körperlich durchtragen kann. Das ist sehr einfach zu bemerken, im Positiven daran, dass ich wirklich großzügig werde mit meinen Verbeugungen. Verzählt? Ach, dann mach ich zur Sicherheit mal eine mehr! Oder auch zwei, liegt ja nichts dran und anstrengender als es ohnehin schon anstrengend ist wirds dadurch auch nicht. Im Negativen wirds gelegentlich langweilig, vorher wars wenigstens auf anstrengende Weise spannend, jetzt passiert gleich gar nichts mehr.
Spät geworden ist es wegen der Elektrik. Very tricky, really! Da lag ein Kabel in der Wand, das ich bis dahin nach Kräften ignoriert hatte, weil ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, wo es hinführt. Außer halt, so vom ansehen, „irgendwohin unter den Wagen“. Tja, und dann fehlte mir ein Kabel und in der Dose war kein Einführungsloch mehr frei und überhaupt war alles blöd und ich bin ins Bett (nicht ohne vorher mit illuminierten Farn anzugeben).
Und dann, heute morgen, kurz vor der Meditation, müslikauend, fällt mir ein, dass das Kabel, das da unmotiviert in der Wand liegt, und das Kabel, das mir fehlt, möglicherweise das gleiche sind. In diesem Fall käme es rechts unterhalb der Tür raus und … Aber weil ich ein braver Meditierender bin habe ich nicht gleich nachgeschaut und dafür die ganze Medi dran gedacht.
Meine Vermutung hat sich bestätigt, was einerseits dafür spricht, dass ich auch vor eineinhalb Jahren kabelverlegenderweise ein recht cleveres Kerlchen war, andererseits aber viel Arbeit im Nachgang verursacht hat, weil ich fast alles, was ich gestern miteinander verschaltet hatte wieder auseinander reißen musste. Und weil ich vom Leben – oder wem auch immer – so direkt auf den Wert einer aussagekräftigen Dokumentation hingewiesen wurde, habe ich dann erstmal dokumentiert und gezeichnet. Und dann, nach der letzten Meditation, habe ich mit dem Wiederaufbauen begonnen, was sich bis jetzt hingezogen hat.
Sorry Leute, bin müde, merke, dass das deutsch schlecht wird, ich die Zeiten durcheinanderwerfe, etc., bis morgen also.
25/05/2008
Tag 14 bis 16, Retreat im Retreat
Die ersten beiden Einheiten zeitlich vorverlegt, damit genug Zeit blieb, mein Zeug zusammenzupacken, zu baden und pünktlich um vier vorm Zentrum zu stehen. Selten so gehetzt in der letzten Zeit. Anlaß war das lange geplante Retreat in W., an der unsere Besatzung gerne und in großer Anzahl teilnahm. Zunächst war von den Organisatoren alles etwas kleiner geplant, doch die große Nachfrage hat sie dann die Pläne ändern lassen. Eine gute Entscheidung.
Der Ort an dem wir waren ist eine Retreatstelle, die eigentlich nur vom Übenden ab der 4. Grundübung besucht werden soll. Für den Vorgeschmack und um die Geschichte nicht elitär werden zu lassen finden dort aber gelegentlich auch Retreats wie unseres statt, an dem überwiegend Menschen teilnahmen, die an der ersten und zweiten Grundübung sind. Ich finde diese Sorte Filter gut, wenn sie dazu dient, Orte wie diesen zu schützen. Das Haus ist durchgängig im japanischen Stil gehalten, ein dunkler Holzfussboden kontrastiert die weissen Wände, die Küche grau und wie alles im Haus von hoher Qualität, trotzdem „einfach, rein und zweckmäßig“, wie es die Meister der Zen-Tradition forderten. Gebrochen wird die japanische Kargheit durch tibetische Rollbilder, Thangkas, in jedem der Räume und auch in der Gompa. Mit unserem Besuch dort ist auch eine große Grüne Tara angekommen, die nun den Hauptraum in der Mitte des Hauses überblickt und die einzige Statue ausserhalb der Gompa ist.
Zusammengefunden haben sich dort Menschen aus zwei benachbarten Kagyü-Zentren (wenn man 60 Km Enfernung als Nachbarschaft bezeichnen will), die sich zuvor nicht oder nur vom Sehen kannten. Die Durchmischung gelang buddhistisch unkompliziert, Sympathien ging man nach und dort, wo Abstand zu spüren war, wurde er nicht vertieft, sondern „gelassen“, auf dass es sich zum Besseren wende.
Retreatplan
Freitag:
Ankunft Freitagnachmittag
18.00 – 19.30 Uhr Karmapa-Meditation
Samstag:
07.00 – 08.30 Uhr
10.00 – 12.00 Uhr (eigene Praxis)
14.00 – 16.00 Uhr (eigene Praxis)
18.00 – 20.00 Uhr
anschließend gemeinsames Kochen
Sonntag:
07.00 – 08.30 Uhr Karmapa-Meditation
10.00 – 12.00 Uhr Liebevolle Augen
(anschließend Dzog)
Alle zweistündigen Einheiten begannen mit einer halbstündigen Belehrung, die gelegentlich auch etwas länger dauerten. Wie so oft gab es viele Anregungen, die sich in meinem Tagebuch dann längst nicht mehr so klar lesen, wie sie zum Zeitpunkt der Niederschrift scheinen. Hier ein paar Kostproben:
„Wir sind schon glücklich!“
„Wir erleben das, womit wir uns beschäftigen.“
„Freundschaft bedeutet zueinander Vertrauen zu haben, am gleichen Projekt zu arbeiten und das Beste zugeben.“
„Die grundlegende Fähigkeit wahrzunehmen ist gekoppelt an die Ich-Illusion (normalerweise). Wir entkoppeln das!“
Höhepunkt und gemütlicher Ausklang des Samstages war das gemeinsame Abendessen, das mit großem Aufwand vorbereitet wurde.
Sonntagmorgen wurde es noch einmal intensiv, die Karmapa-Meditation bekam von M. – neben der stark verlängerten Mantra-Phase – den Schwerpunkt auf die Vergegenwärtigung des 16. Karmapa gelegt. An einem Guru-Yoga-Ort wenig erstaunlich, trotzdem unerwartet. Und mit bemerkenswertem Ergebnis (bei mir), plötzlich war die Karmapa-Meditation nicht mehr die Meditation, „die wir immer machen“, sondern eine „richtige“.
Ebenso die Liebevolle-Augen-Meditation, bei der ich mich in der Mantra-Phase von M. wie „Huckepack genommen“ fühlte; so als trüge er mich ein kleines Stück zu dem hin, was Meditation sein kann, wenn man nur lange genug übt.
Gegen vier Uhr nachmittags war ich wieder zuhause auf dem Platz. Dort war N. gerade in den Bäumen und hatte ein zusätzliches Sicherheitsseil für Neugierige eingehängt. Nach anfänglichem Zögern aufgrund der Müdigkeit wollte ich das Seilklettern dann doch probieren und hangelte mich mit Anleitung ins untere Drittel unserer hohen Esche. Dort gabs dann eine kleine Balanceübung, raus auf den Ast und gepost für das I-did-it-Foto.
Ihr seht, meine Retreat-Bedingungen sind doch sehr entspannt. Aber als ich meine Bedenken, dass ich es mir vielleicht zu leicht mache, im Kreise der Freunde auf dem Weg äußerte, bekam ich ironisierende Bemerkungen, dass ich mit Sicherheit mehr leiden müsste, etc.; kurz: meine Bedenken wurden nicht ernst genommen, was ich mal als Zeichen dafür werten will, dass es so schon richtig sein wird. Zumindest so lange, wie ich mich an den Rahmen (wie weit auch immer gesteckt) halte.
26/05/2008
Tag 17
Keine besonderen Vorkommnisse in der Retreat-Ecke.
U. hat sich in J’s Wagen einquartiert. Interessant.
27/05/2008
Tag 18
Ein Tag, der neben den Meditationen, fast nur mit reden verging. Mir fällt auf – mehr als sonst – wie sehr die Menschen um mich herum in ihren jeweiligen Filmen festhängen. Und wie sehr sie sich damit schaden, wie sehr sich unzufrieden machen, wie sehr sie selbst das Glück verhindern, das sie doch suchen. Nicht dass ich anders wäre, bei ihnen fällt es mir nur leichter hinzusehen.
Schwer ist es, sinnvoll auf die Klagen einzugehen. Ich mag die Menschen nicht in ihrem Leid bestätigen, das doch oft mit einer kleinen Veränderung des Blickwinkels völlig anders, besser, aussähe. Wo es möglich ist, biete ich diese Blickwinkelverschiebung an. Was nicht immer akzeptiert wird, weil es in Wirklichkeit eben wirklich, wirklich anders ist. Leidvoll nämlich, oder ärgerlich, oder unverständlich.
Oder Freundin C., der nachvollziehbar Ärgerliches geschieht, das sie ebenso nachvollziehbar durch ihr eigenes Verhalten angezogen hat. Genau das sieht sie nun gar nicht so. „Tja, was soll man sagen?“, wie der Lama dann bei Fragen und Antworten gelegentlich einleitet um dann doch „was“ zu sagen, das irgendwie hilfreich ist. Da muss ich echt noch üben.
28/05/2008
Tag 19
Ich bin ein Held! Heute Mittag war es sehr, sehr heiss. Die Erinnerung an verschiedene Schwachsinnsläufe in praller Mittagssonne, gelaufen nur um zu sehen wie das so geht, hat mir aufs Brett geholfen. Irgendwann war der Waschlappen, der als Stirnschutz auf dem Brett liegt, so nass, dass ich ihn durch ein Geschirrtuch ersetzt habe. Anschließend die Eröffnung der Badesaison im Pool per Kopfsprung.
Unterdessen war C. zu Besuch gekommen und hatte sich meditierenderweise die Zeit vertrieben. Neuigkeiten aus dem Zentrum, von der Suche nach dem neuen grösseren Zentrum und vom Leben generell. Etwas später kam auch Peter, viele Fragen zum Wagenleben, angenehmer Zeitvertreib.
Eine der Nachrichten aus dem Zentrumsleben ist sehr interessant. Der Lama lässt um Mithilfe bei den Vorbereitungen für den Sommerkurs bitten. Was gibts da noch nachzudenken, war mein erster Gedanke. Ich kann mir gut vorstellen zwei, drei Wochen mitzuhelfen. Mit der Option auf länger. Gedämpft wurde der Überschwang ein wenig durch die hohen Unterbringungskosten (all inclusive), ungefähr 150 % dessen was mir als Tagessatz an freiem Geld zur Verfügung steht. Das wird zu verhandeln sein und wenn wir irgendwie bei 100 % rauskommen, bin ich damit zufrieden.
Vermutlich mehr für mich persönlich interessant: in der Nacht bin ich kurz aufgewacht, weil mir beim Herumdrehen das rechte Knie weh tat, wirklich unangenehm. Morgens war nichts mehr zu spüren, genauso wenig wie am Abend zuvor. In der Erinnerung ist das Aufwachen traumähnlich und ich frage mich, ob mein Knie nachts in einen „Heil- oder Reparaturmodus“ wechselt, der gelegentlich schmerzhaft ist.
29/05/2008
Tag 20
Mandala heißt tibetisch kyil-khor was soviel wie Mitte-Saum oder Zentrum-Peripherie bedeutet. So kurz vor Ende des Retreats kann ich absehen, dass ich den Saum meines Mandalas in diesen Wochen geschaffen habe.
Bild davon noch nicht eingefügt.
30/05/2008
Tag 21
Was ist nur mit diesem Tag los? Ich produziere Schwierigkeiten und die Umstände und das Wetter tragen dazu bei, so gut sie können. Gerade ist mir der Computer abgestürzt (Akku leer und keine Frühwarnung zum Sichern offener Dateien) und hat eine fast fertige Schilderung dieses Tages ins elektronische Nirvana geschickt. Dann fehlt mir der Nerv, alles nochmal zu tippen. Ich schreibe kurz die Überschriften hin und nehme mir vor, gelegentlich den Text einzufüllen. Ende und veröffentlichen! Denkste, die Blogsoftware war versehentlich zweimal geöffnet, bei solchen Gelegenheiten wird zwar veröffentlicht aber beim erneuten öffnen steht der Text dann der Software nicht zur Verfügung. Also nochmal dran.
Das seltsame Ende der Verbeugungen
Das seltsame Ende der Diamantgeist-Session (Stimmung verhagelt)
„Und jetzt?“
Resume und M’s Warnung und der kostbare Menschenkörper
31/05/2008
Tag 22
Abgeschlossen mit einer Karmapa-Meditation wie sie früher gehalten wurde (aus der historischen Ausgabe). Wie immer, wenn wir etwas selten oder zum ersten Mal tun, ist die Intesivität der Wahrnehmung gesteigert. Ein unbeabsichtigter aber willkommener Effekt. Der Tag vergeht mit Kehren, Aufräumen, Baden und dem Vorbereiten des Abschlussfestes. Zwischendrin ein kurzes Gespräch mit Ulli, die sich dann von den ersten eintreffenden Gästen vertreiben lässt.
Das Fest selbst zieht sich vom späten Nachmittag und dem Anzünden eines allzufeuchten Lagerfeuers bis gegen 3.00 Uhr in der Nacht hin. Vom Wagendorf nehmen wir den improvisierten Charakter und das Lagerfeuer, von den Buddhisten das Aufräumen noch unmittelbar nach dem Fest.
Retreatplan
Via Verteiler an die Mitglieder meiner Sangha:
Liebe Sangha-Freunde,
ab morgen werde ich mich für drei Wochen aus dem Zentrumsbetrieb und allen anderen Alltagsverpflichtungen zurückziehen und an meinem Zweitwohnsitz verstärkt meditieren. Da ich mir außer der regelmäßigen und pünktlichen Meditation und einem strikten Ausgangsverbot keinerlei Einschränkungen auferlegt habe (wird auch so eng genug), bleibt da noch genug Zeit für anderes. Vermutlich werde ich um jede Ablenkung froh sein. Meint: wenn ihr Lust habt mich besuchen zu kommen und eine Runde mit zu meditieren, einen Kaffee zu trinken oder ganz allgemein das Leben zu genießen, dann solltet ihr dieser Lust auch nachgeben. Das könnt ihr gerne auch unangemeldet tun, nein, das müßt ihr vermutlich unangemeldet tun, denn mangels Telefonanschluß bin ich weder über Festnetz noch Email zu erreichen. Das Handy wird zwar geladen am Bett liegen und regelmäßig auf SMS kontrolliert, damit ist dann aber der Gipfel des elektronischen Kommunikationsvergnügens auch schon erreicht. Eine kleine Auszeit wird es für mich vom 23. bis 25.5. geben, da fahre ich zu einem Gemeinschaftsretreat, das schon etwas länger geplant war. Also nicht gerade dann besuchen kommen. Wichtiger für Euch ist der 31.5., das ist ein Samstag, morgens beende ich den Rückzug und abends würde ich gerne mit Euch am Wagenplatz feiern. Ihr wißt schon: Lagerfeuer, Musik, moderat Alkohol und Rede jedmöglicher Art. Ende der Planung! Merkt Euch den Termin, greift zum gegeben Zeitpunkt in den Kühlschrank, entnehmt Getränke und Nahrungmittel Eurer Wahl und macht Euch auf den Weg. Alles was wir zum Feiern brauchen können wir improvisieren. bis bald oder bis dann Das Wichtigste auf eine Blick Mobilfon: XXXX/XXYYXXX |