24861 – Der Barnum-Effekt

Sprachmodelle sind schon bemerkenswert gut, wenn es nicht so genau drauf ankommt. Wer möchte (und ich mochte) kann sich ganze Konversationen nachstellen lassen. Besonders überrascht hat mich die Verwendung des Kyklos (die Wiederholung eines Anfangselementes am Ende des Textes), wodurch die Konversation einen unerwartet runden Abschluss erhält. Aber lest selbst:

ChatGPT: […]

Ich: Nochmal, weil nur fast richtig. Sprecher B nennt Persönlichkeitsmerkmale, die ihm in einem Horoskop zugeschrieben werden. Sprecher A antwortet mehrfach mit „Da gehe ich mit.“ Sprecher A möchte im weiteren Verlauf des Gesprächs den Barnum-Effekt erläutern. Wie könnte das Gespräch weitergehen?

ChatGPT:
Ah, verstanden! Sprecher A möchte zunächst mit „Da gehe ich mit“ Zustimmung signalisieren, um später den Barnum-Effekt zu erklären. So könnte die Konversation weitergehen:


Sprecher B: „In meinem Horoskop steht: ‚Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Harmonie, aber wenn es darauf ankommt, können Sie auch konsequent Ihre Meinung durchsetzen.'“

Sprecher A: „Da gehe ich mit.“

Sprecher B: „Und dann steht da: ‚Sie sind meist offen für Neues, aber manchmal brauchen Sie auch Rückzug, um Kraft zu tanken.'“

Sprecher A: „Da gehe ich auch mit.“

Sprecher B: „Außerdem: ‚Andere schätzen Ihre Verlässlichkeit, aber Sie haben oft das Gefühl, dass Sie nicht genug dafür zurückbekommen.'“

Sprecher A: „Da gehe ich mit.“

Sprecher B: „Das passt wirklich total zu mir! Dieses Horoskop ist verblüffend genau.“

Sprecher A: „Das klingt wirklich so, als würde es genau zu dir passen. Aber weißt du, was das Spannende ist? Das liegt am sogenannten Barnum-Effekt.“

Sprecher B: „Barnum-Effekt? Was ist das?“

Sprecher A: „Das ist ein psychologisches Phänomen. Dabei empfinden Menschen vage und allgemeine Aussagen – wie die in deinem Horoskop – als etwas sehr Persönliches. Es fühlt sich an, als würden sie genau auf dich zugeschnitten sein, aber tatsächlich könnten sie auf fast jeden zutreffen.“

Sprecher B: „Hm, wie meinst du das?“

Sprecher A: „Nimm mal die erste Aussage: ‚Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Harmonie, können aber konsequent Ihre Meinung durchsetzen.‘ Das klingt spezifisch, aber ehrlich: Wer hätte nicht das Bedürfnis nach Harmonie? Und wer kann nicht manchmal konsequent sein, wenn es wichtig wird?“

Sprecher B: „Okay, stimmt, das könnte wohl auf viele zutreffen.“

Sprecher A: „Genau! Das Gleiche gilt für die Aussage, dass du offen für Neues bist, aber auch mal Rückzug brauchst. Das sind ziemlich universelle Eigenschaften. Jeder Mensch braucht mal Rückzug, und die meisten würden von sich sagen, dass sie in irgendeiner Form offen für Neues sind.“

Sprecher B: „Aber warum fühlt es sich dann so passend an?“

Sprecher A: „Weil solche Aussagen so formuliert sind, dass sie sich individuell anfühlen. Und wir suchen unbewusst nach Bestätigung für unser eigenes Selbstbild. Das nennt man den Bestätigungsfehler – wir konzentrieren uns auf die Teile der Aussage, die für uns stimmen, und ignorieren, dass sie genauso gut für andere stimmen könnten.“

Sprecher B: „Also bin ich quasi selbst der Grund, warum ich das Horoskop für so genau halte?“

Sprecher A: „Exakt. Dein Gehirn macht den Rest der Arbeit. Deswegen funktionieren Horoskope, Wahrsagerei oder auch unseriöse Persönlichkeitstests so gut – sie nutzen genau diesen Effekt aus.“

Sprecher B: „Wow, das ist echt faszinierend. Jetzt werde ich Horoskope wohl mit ganz anderen Augen lesen.“

Sprecher A: „Da gehe ich mit.“


In dieser Version nutzt Sprecher A zunächst „Da gehe ich mit“, um Zustimmung zu signalisieren, führt das Gespräch dann aber geschickt zum Barnum-Effekt und erklärt, warum die Aussagen aus dem Horoskop so universell wirken.

24860 – Nacht der Lichter mit Liedern aus Taizé

Gestern während des Thekendienstes auf die Veranstaltung in der Bonifatius-Kirche aufmerksam geworden, die auf der Seite der Gemeinde folgendermaßen beworben wird:

Gemeinsames Beten und Singen, meditative Texte und Stille wechseln sich ab. Für alle, die sich eine spirituelle Atempause gönnen wollen, ist dieser Gottesdienst genau das Richtige.

Nun bin ich von Gott und Religion so weit weg, wie mensch als nichtpraktizierender Buddhist, also fast schon Atheist, sein kann. Aber, soviel wusste ich, ich würde dort weinen können. Viele Jahre zurück, bei einem Kurzbesuch in Taizé, war ich schon einmal zu Tränen gerührt von den Gesängen, ohne dass ich damals hätte sagen können, worüber ich weinte.

Das ist diesmal anders, ich weine und es tut gut, ist befreiend, nimmt Druck. Ich bin dankbar.

24858 – Kettfäden auf dem Rundwebrahmen

Ein wichtiger Zwischenschritt auf meinem Weg zum selbstgewebten Teppich ist gemacht, die Kettfäden sind gespannt.

Ich vermute, Ihr werdet zeitnah nichts von diesem Projekt hören. Es muss aus verschiedenen Gründen ruhen, der wichtigste davon, dass meine Energie wieder in den Dome gehen muss.

Der Rahmen ist selbstgebaut, wer mehr darüber wissen möchte schaut bei Der Rundwebrahmen.

24857 – Worte im Versmaß: Senryū

Es scheint ein sehr altes Phänomen zu sein, dass junge Männer Gedichte schreiben. Und es sind keineswegs nur die Weicheier, die das tun. Jeder semi- oder ganzgängsterige Rapper ist nichts anderes, ein junger Mann, der Gedichte schreibt.
 
So auch ich, als junger und als mittelalter Mann. Worte im Versmaß haben mich aber nie lange halten können, sie waren immer nur eine vorübergehende Knobelei. Die Ergebnisse sahen ungefähr so aus:
 
Einfach nur Stille

ist mein Schweigen – glaube mir,
ich verschweige nichts.

Denkt Ihr beim Versmaß von 5-7-5 Silben auch als erstes an ein Haiku? Ich zumindest habe jahrelang geglaubt, dass ich Haikus schreibe. Solange jedenfalls, bis ich irgendwo las, dass Haikus sich vorwiegend mit Naturphänomenen beschäftigen, während es zugleich eine eigene Bezeichnung für Verse im gleichen Maß gibt, die sich eher mit menschlichen Erfahrungen, Emotionen und sozialen Situationen beschäftigen: Senryū.

Ich schrieb Senryūs –
Oh! Plural und Aussprache
sind mir unbekannt

Damals konnte ich mir den Namen nicht merken, heute habe ich ihn recherchiert und bei dieser Gelegenheit andere spannende Reimereien aus Japan entdeckt, die in ferner Zukunft vielleicht mal hier besprochen werden. Als einen kleine Ausblick darauf gibt es zum Abschluss ein Ketten-Senryū, eine Gedichtform, die ich gerade erfinden musste, weil die Japaner für ihre Kettengedichte ein anderes Versmaß verwenden.


Im Zug

Mein Blick ruht auf Dir
im Zugabteil – und ich denke
Wie schön Du doch bist

Mein Blick ruht auf Dir
im Zugabteil – und Du fragst
Gibt es jetzt eine Note

Ich könnte kotzen
bei soviel Mißverstehen
wenn Du es nicht wärst