Dienstag, 3.12.13
Ich beginne mit ein paar Impressionen vom Spaziergang am ersten Abend. Wir sind von unserer Unterkunft mit der Metro bis zur Central Station gefahren und anschließend einfach etwas herumgelaufen.
Mit diesen Bildern ist zugleich das Thema der folgenden beiden Tage angegeben: Amsterdam bei Nacht. Tagsüber haben wir uns in den Museen herumgetrieben und wenn wir damit fertig waren, war es draußen schon dunkel. Erst an den letzten eineinhalb Tagen haben wir dem bewusst entgegen gesteuert und uns auch ein paar „Tageindrücke“ geholt.
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Mit den ersten Bildern sind wir aber schon mitten hinein gehüpft in unsere Amsterdam-Unternehmung. Eine Beschreibung der Fahrt erspare ich mir, es genügt zu sagen, dass wir so gegen 15.00 Unr bei der gebuchten Unterkunft ankamen und – nun – erschrocken waren. Zu unrecht, wie ich vorausschicken will, und ganz allein unseren Vorurteilen zuzuschreiben. Gebucht hatten wir über airbnb, eine jener Plattformen, die Privatunterkünfte vermittelt, das Angebot schien preiswert und der Vermieter hatte gute Bewertungen. Auch schien ein Parkplatz vorm Haus zu sein, zumindest interpretierten wir die Ausschreibung so. All das war nicht falsch, einzig – wir waren nicht darauf vorbereitet, dass die Unterkunft in einer Hochhaus-Wohnsiedlung lag, die, wie wir auf unserer ersten Erkundung der Umgebung feststellten, überwiegend von farbigen Holländern bewohnt war. Es ist schwer zuzugeben, dass sich auch in einem aufgeklärten Kopf wie meinem noch eine ganze Portion versteckter Rassismus rumtreibt. Ich fragte mich im Stillen, ob das Auto sicher ist oder der nächtliche Heimweg. Dabei, betrachtet man Hollands Kolonialgeschichte, ist die Nachbarschaft vergleichbar mit dem Arbeiterviertel in Frankfurt, in dem ich aufgewachsen bin.
Der erste schlimme Eindruck verging sofort, als wir in Didiens Wohnung ankamen, sie war so sauber und aufgeräumt wie auf den Bildern in der Ausschreibung, warum auch nicht? Ihr solltet dem Link folgen, wirklich.
Bei airbnb können sich Gastgeber und Gäste nach dem Aufenthalt gegenseitig bewerten. Das dient der Community zur Orientierung und vermeidet groben Unsinn und Missbrauch der Plattform. Didien habe ich so bewertet:
Didien was a nice and professional host. When we arrived Didien provided coffee, maps and some first advise. Everything was clean and tidy, even more than at home. We got a compartment in the fridge and an ashtray on the balcony and didn’t need more to be satisfied. We really enjoyed our stay in Didiens flat.Since Didien left the flat early and we usually came back late we didn’t meet often, but had some nice chats with the couple in the second room.Didien has a lot of guests, read the assessments of them, they are mostly contented and we are too.
Soviel zu Unterkunft, wir waren rundherum zufrieden. Der Wagen stand die ganze Zeit im Parkhaus nebenan – durch das Küchenfenster konnten wir ihn sogar sehen. Die Metro-Station lag weniger als 10 Minuten zu Fuß von der Wohnung entfernt, die Fahrt nach Amsterdam dauerte 20 bis 25 Minuten . Karten zu bekommen war am ersten Abend nicht ganz so einfach, da die Automaten kein Bargeld wollten und wir deswegen zur nächsten Station laufen mussten. Danach hatten wir ein 3-Tages-Ticket, das in allen öffentlichen Verkehrsmitteln galt, und die Amsterdam-Card, die uns freien Zugang zu den meisten Museen gewährte.
Mittwoch, 4.12.2013
Begonnen haben wir diesen Tag mit einer Tour zum Discounter. Die Kaffee-Versorgung war zu sichern und auch die Verpflegung. Und weil wir das Zeug nicht durch halb Amsterdam schleppen wollten haben wir es vor dem eigentlichen Sightseeing erstmal „nachhause“ gebracht. Das kostete natürlich Zeit und so kamen wir vergleichsweise spät im Van-Gogh-Museum an. Dort gab es ein lustig-informatives Ereignis an der Security-Schranke, einem Metalldetektor und zwei dazugehörigen Herren. Die sind etwas erschrocken, als ich mein Taschenmesser neben das Portemonaie legte – und aufgeregt waren sie auch etwas. Nun war es von mir vielleicht nicht sonderlich clever, mit einem Taschenmesser in eine Bilderausstellung zu wollen, aber aus der Innenansicht betrachtet ist es total absurd, das irgendjemand von mir denkt, ich könnte mein Taschenmesser zu irgendetwas anderem gebrauchen als damit die Rosinenbrötchen aufzuschneiden. Am Ende habe ich das Messer in die Garderobe gebracht und es war gut. Und nur nebenbei, in Deutschland bekomme ich das Teil nicht abgenommen, wenn ich durch die Schranke vom Vereinsregister (Gericht) muss, so sehr liegt den Holländern an ihrem Van Gogh.
Laut Wikipedia zeigt das Van-Gogh-Museum 200 Gemälde, die haben wir alle gesehen. Die ebenfalls gezeigten 400 Zeichnungen haben wir als Lücke definiert. Und sind natürlich trotzdem erst bei Dunkelheit ins Freie gekommen.
Bummeln im Dunkeln war angesagt und vor allem: essen! An diesem ersten Tag hatten wir nämlich Lebensmittel eingekauft, die aber komplett im Zimmer gelassen, sogar die bereits erwähnten Rosinenbrötchen. Wir waren unglaublich hungrig. Und irgendwie auch desorientiert. Und wie wir so hungrig und desorientiert in Amsterdam herumliefen kamen wir in „De Pjip“, ein Stadtviertel, das wir ohnehin auf unserem Besichtigungsplan hatten. Erkannt haben wir das an einem Kuchenladen, der in keinem Amsterdamführer fehlt. Weil uns aber mehr nach „herzhaft“ war, sind wir letztlich im Bazar aufgeschlagen: groß, touristisch, nordafrikanisch-psychedelisch, bei allem trotzdem empfehlenswert (weswegen es ebenfalls in keinem Führer fehlt).
Gesättigt und ausgeruht konnten wir uns dann einem Thema widmen, das uns auch an den folgenden Tagen noch beschäftigen sollte, der Abendgestaltung. Was tun, abends in der großen Stadt? Wir hatten beide nicht wirklich darüber nachgedacht oder gar etwas geplant. Ideen kamen nur vage und mangels Internet war auch kaum etwas substantielles herauszufinden. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir über Musik-Kneipen nachgedacht haben, als wir noch beim Essen waren, aber letztendlich haben wir die Lokalität, in der wir letztlich auf dem Sofa saßen, zufällig gefunden. Einfach so, beim satt und desorientiert in Amsterdam rumlaufen. Und weil wir etwas widerständig waren, hatte der Zufall noch einen rauchenden Kellner vor die Tür gestellt, der für uns den Schlepper gab.
Erstmal im DE BADCUYP gab es dann keinen Zweifel mehr, dass wir für diesen Abend das richtige gefunden hatten: ein Sofa mit gutem Blick zur Bühne, besser: dem Ort, wo eine ganze Schar südamerikanischer Musiker uns – und spürbar auch sich selbst – zum Gefallen musizierte. Entspanntes Abhängen mit Getränken, was will mensch mehr?
LONELY PLANET REVIEW: DE BADCUYP
If every neighbourhood were fortunate enough to have a vibrant music cafe like this, the world would be a jazzier place. Combining a community feel with top notch, international performers, Badcuyp brings a shot of pure bohemian energy to the neighbourhood. From Sunday jazz sessions to salsa nights, you can’t walk out after an evening here and not feel the love.
Klar, irgendwann war Schluss und wir fuhren mit der Metro zurück zum Zimmer. Und weil´s gerade passt, die Metrofahrten waren super unkompliziert und wir mussten während der ganzen Tage niemals lange warten. Ich halte außerhalb-wohnen-und-mit-Öffis-reinfahren für ein echtes Erfolgsmodel.
Donnerstag, 5.12.2013
An diesem Tag war das Tropenmuseum dran. Erwartet hatten wir Kolonialgeschichte, die aber gab es nur am Rande. Das Tropenmuseum ist am ehesten ein Völkerkundemuseum für tropische Regionen. Und es ist riesig. Und anregend. Und informativ. Und vermutlich alles andere, was mensch so an Museen loben kann. Eigentlich hätten wir zwei Tage dafür gebraucht. Anteilig haben wir beide dort die meisten Bilder unserer Tour gemacht, einfach weil es so viel zu sehen gab, was auf irgendeine Weise nocheinmal Vorbild oder Anregung für eigene Gestaltungen und Projekte abgeben könnte.
[Bilder: Tropenmuseum]
Ein weiterer Glücksfall unserer Tour erwartete uns noch innerhalb des Tropenmuseums, die Sonderausstellung „Escher meets islamic art“. Den Plakaten zufolge hätte sie vorüber sein müssen, wir waren darüber schon etwas traurig gewesen, nun aber stellten wir fest, dass sie sehr wohl noch zu sehen war. Die Escher-Bildbände stehen bei beiden von uns in den Regalen und der ursprüngliche „Tourplan“ sah vor, am letzten Tag einen Abstecher über Den Haag zu machen und das dortige Escher-Museum zu besuchen. Hier bekamen wir unsere Dosis Escher nebenbei und der letzte Tag war anderweitig und weniger anstrengend nutzbar.
[Bilder: Escher]
Muss ich es noch schreiben? Als wir aus dem Museum kamen war es dunkel. Und es war „Xaver“, so hieß die orkanige Wetterlage, die in diesen Tagen Holland und auch Deutschland streifte. Es regnete und um die Wetterberichtserstattung an dieser Stelle abzuhandeln: Wir hatten während der Tage in Amsterdam alle Sorten schlechtes Wetter, Niesel, Regen, böigen Wind und kurzzeitig Hagel. Zwischendrin war es regelmäßig trocken und kalt, was an dieser Stelle als gute Nachricht zu werten ist. Einmal für ungefähr zwei Stunden blauen Himmel, den habe ich dann gleich für Postkartenaufnahmen genutzt.
Wieder waren wir hungrig. Und durstig. Und vielleicht auch ein wenig vom Wetter genervt, es regnete. Und wir hatten einen unverplanten Abend vor uns. Anläßlich all dessen haben wir uns ein Kaffee gesucht und etwas gekriselt, was ich nur deswegen erwähne, weil ich nicht den Eindruck erwecken möchte, dass trotz Regen alles Sonnenschein gewesen sei. Nein, wir waren etwas schwierig miteinander, haben uns dann wieder eingekriegt und letztendlich so etwas wie einen vorläufigen Plan entwickelt, der uns dann aber den Rest des Abends beschäftigte: Wir gehen Pfannkuchen essen.
Nun wird Pfannkuchen essen zu gehen als ein Muss jeder Amsterdam-Experience gehandelt – ähnlich dem Anschauen mindestens einer Windmühle – ist aber längst nicht so einfach, wie wir uns das vorstellten. Wobei das einzige Problem darin besteht, einen Ort zu finden, an dem Pfannkuchen serviert werden. In unserem Reiseführer (und ja, auch in der App) waren solche Orte durchaus angegeben, aber immerhin drei davon hatten an diesem Abend geschlossen. Und nein, das stand nicht in der App, wir sind zu diesen Orten gelaufen um das festzustellen. Ein Gutes hatte das, nach der nicht unwesentlichen Strecke quer durch das nächtliche, regnerische Amsterdam war alle Lust auf Schwierig-sein vergessen. Einmal in der Amsterdamer Pfannkuchenbäckerei angekommen, endlich im Warmen und mit einem Getränk vor uns, waren wir wieder die unbeschwerten Touries, die zwei bis zweieinhalb Stunden vorher das Tropenmuseum verlassen hatten.
Der Pfannkuchen hat mich dann so beeindruckt, dass ich ihn dieses Jahr zu Weihnachten „nachmachen“ werden, zumindest was den Belag angeht: Blattspinat, Camenbert und Cashew-Nüsse, reichlich von allem. Gerade bedaure ich es ein wenig, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die ihr Essen fotografieren, hier würde es ein einziges Mal Sinn ergeben.
Telegramm: auf dem Heimweg den falschen Metroausgang – besser: den richtigen in die falsche Richtung – genommen, verlaufen, spät gemerkt, umgekehrt, alles gut.
Freitag, 6.12.2013
Der Tag begann mit einem helden- und heldinnenhaften Selbstexperiment: Was würde geschehen, wenn wir etwas früher aufständen? Würde es gelingen Amsterdam und die Amsterdamer auch nach dem obligatorischen Museumsbesuch bei Tageslicht zu beobachten? Um ehrlich zu sein, ich finde das Ergebnis des Experiments nicht eindeutig. Trotzdem, vieles weist darauf hin, dass – Achtung – wer früher aufsteht mehr vom Tag hat!
Was noch nichts über den Tag aussagt, zunächst einmal hatten wir mehr von „Xaver“, oben erwähntem Orkan-Tief. Der hagelte uns nämlich erstmal ins Gesicht, als wir die Metrostation am Waterlooplein Richtung Flohmarkt verlassen wollten. Vielleicht wollte er uns zurückhalten, um uns die Enttäuschung zu ersparen. Denn auf dem Platz, der sichtbar für viele Stände und großes Gedränge ausgelegt war, standen nur wenige Händler und verteidigten ihre Waren gegen Wind und Wetter. Programmpunkt eins des Tagesplans, nun, nicht abgehakt, eher „ins Wasser gefallen“ oder „vom Winde verweht“.
Andererseits, kurz darauf konnte ich eines der wenigen Bilder aufnehmen, das blauen Himmel zeigt, guckt:
Die nächsten Bilder sind schon wieder trüb, zeigen aber, dass wir wirklich tagsüber unterwegs waren. In der Nähe des Aufnahmeorts gab es alles, was der Amsterdam-Tourist so sehen will: Käse, Koffee-Shops und Damen in Schaufenstern. Und der Käse war wirklich gut!
[hier Bilder]
Das Historische Museum fand ich dann wenig spektakulär. Bei näherem Bedenken ist das eine bemerkenswerte Beurteilung, denn ich könnte nicht sagen, was mir dort fehlte. Ausstellungstechnisch war dort alles auf dem Stand der Zeit, einschließlich mehrsprachiger Audio-Einspielungen via QR-Code. Was es dann aber wieder herausholte war eine Sonder-Ausstellung im gleichen Gebäude mit dem Titel „Mondriaan in Amsterdam“. Absolut begeisternd wie dort Mondrians Weg von der gegenständlichen Malerei hin zur Abstraktion anhand der Gemälde zu verfolgen war. Nebenbei, das zweite A in Mondriaan ließ er selbst nach seiner Amsterdamer Zeit weg.
Damit das ganze nicht zu kopflastig wurde, gab es dort auch den Fotoautomaten, der mittels des Metrotickets und einer kurzen Anmeldung die Touries ihr „Beweisfoto“ des Museumsbesuchs in das Weltnetz hochladen lies. Natürlich haben auch wir so ein Foto gemacht. Aber das müsst ihr selbst finden.
Wieder im Freien war es – yeah – noch hell. Und weil das FOAM in der Nähe war liefen wir hin. Drinnen Fotoausstellungen, was sonst, die wir in unterschiedlicher, hier nicht weiter zu beschreibender Weise wahrnahmen. Am Ende haben wir uns in einer vergleichweise bodenständigen Kneipe von den Eindrücken erholen müssen. Unseren weiteren Abend zu planen lag ebenfalls vor uns.
Zu unserem Glück hatte die Stadt Amsterdam etwas für uns vorbereitet, das Amsterdam Light Festival.
Die Idee ist schön und erfolgreich: Wenn die Tage kürzer werden, lassen die Amsterdamer internationale Künstler mit Licht spielen. Beim Amsterdam Light Festival gestalten sie 30 Lichtbilder an und über den Grachten sowie im Zentrum Amsterdams.
http://www.sueddeutsche.de/reise/amsterdam-light-festival-es-wurde-licht-1.1839445
Der Link führt zu einer Fotostrecke der Süddeutschen, die Bilder dort sind deutlich besser als unsere. Vieles von dem, was dort zu sehen ist, haben wir allerdings nicht sehen können, weil das Festival noch nicht offiziell eröffnet war. Wir machten uns, sozusagen, auf die Suche nach den „Vorveröffentlichungen“. Von denen es dann auch genug gab, um uns beschäftigt zu halten.
Der Abend endete, soweit es Amsterdam betraf, irgendwo in der Nähe des Hafens auf der Suche nach einer Installation, die wir trotz heftiger Bemühung nicht finden konnten. Und weil wir das nicht auf uns sitzen lassen wollten, beschlossen wir, den Amsterdam-Spaziergang des letzten Tages im Hafen beginnen zu lassen.
Samstag, 7.12.2013
Keine ganz schlechte Idee, wie sich herausstellen sollte, immerhin bekamen wir auf diese Weise noch zwei weitere der geplanten 30 Lichtobjekte – wenn auch bei Tag – zu sehen. Eindrucksvoll waren sie trotzdem, naja, der Dome zumindest.
Nebenbei, zehn Tage später war der Dome anscheinend immer noch nicht fertig aufgebaut, wie die verlinkte Fotostrecke zeigt. Unten sind im Hintergrund die „Asternblüten“ zu sehen, die beleuchtet echt mehr hermachen.
Und weil wir gerade bei „hermachen“ sind, Windmühlen machen echt was her. Und was wäre ein Hollandaufenthalt ohne mindestens eine Windmühle, wenigstens von außen.
[Bild: Windmühle]
Das Prachtstück bildete den Abschluss unserer Tour. Danach ging es nur noch völlig unspektakulär in die Metro, ins Zimmer, auf den Heimweg.
Fazit: Amsterdam war auch im Dezember die Reise und den Aufwand wert. Wichtiger aber, wir können als Paar reisen, halten uns auch bei kleineren Krisen noch aus und haben in den neutralen und guten Momenten ziemlich viel Spass miteinander.
Und wo ist sinterklaas??