24917 – Ein enges Herz …, wie sinnig!

Nur bedingt lustig, aber ganz bestimmt handgemacht: Geburtstagskarte, so um 1980 herum versandt.

<O>

Email vom 6.1.09
Betreff: RE Kunterbunt

Hallo F²,
es ist eine meiner schlaflosen Nächte. Anstatt mich müde zu lesen kann ich genauso gut auch schreiben. […]

[…]

Und noch etwas hat mich beschäftigt, die von Dir ganz richtig wahrgenommene Härte in meinen persönlichen und familiären Beziehungen. Da gibt’s wenig zu deuteln, das ist so. Ich erlebe das nicht als Vorteil oder Tugend oder in sonst einer Weise als positiv. Auf der persönlichen Ebene macht es mich unversöhnlich und einsam; ich brauche sehr lange, bis ich eingebildete oder  wirkliche Kränkungen vergeben kann. Und das Fehlen positiver familiärer Bindung scheint mir mehr eine besondere Art von Behinderung zu sein, die dazu führt, dass man auch sonst im Leben die Förderung durch Vater- und Mutterfiguren zurückweist, die andernfalls nur hilfreich wäre. Ich wünschte mir, es wäre anders.

[…]

LG g.

24906 – Zielvorstellungen


Heute probieren wir etwas Neues. Ich habe für die Kategorie g.mailt mehr oder weniger willkürlich eine Mail aus dem Schriftwechsel mit F² ausgewählt, einem Freund aus sehr, sehr frühen Tagen, den ich um 2009 herum kontaktierte und mit dem sich dann eine spannende Korrespondenz entwickelte, in deren Verlauf wir uns gegenseitig unser Leben erzählten.


Mail vom 18.1.09, Betreff:  Interessante Fragen

Hallo F²,
fühle mich gerade stark genug, mich „auch interessanten Fragen“ zu widmen 😉 . Zitat: Damit kommen wir zu Fragen, die auch interessant sind, was erwartest Du für Deine kommenden noch verbleibenden Jahre […]? Das fragst Du vermutlich in aller Unschuld.

Jetzt, da ich versuche eine Antwort auf Deine Frage zu finden, bemerke ich, dass sie sich auf verschiedene Weise auffassen lässt. Erfragst Du meine Erwartung für die nächsten Jahre im Sinne einer Vermutung, wie ich die nächsten Jahre verbringen werde? Oder versteckt sich hinter der Frage nach meinen Erwartung auch die nach wie-auch-immer gearteten Zielvorstellungen? […]


Zielvorstellungen – beziehungsweise das Fehlen von Zielvorstellungen – ist DAS Thema überhaupt! Ich erinnere ein Foto, da stehst Du vor meinem ersten Auto (leider mit dem Rücken zum Fotografen). Dieses Auto steht für die sehr frühe Erkenntnis, dass wir nicht über Dinge, über Besitz glücklich oder doch wenigstens zufrieden werden können. Ich hatte mir viel versprochen von dem Zeitpunkt, da ich endlich ein Auto hätte. Und dann? Mit den Worten meines Lieblingslehrers: „Raider oder Twix, geändert hat sich nix!“ Rückblickend denke ich, dass diese Erkenntnis zu früh kam und auch jugendlich-kurzschlüssig war, sie hat mich davon abgehalten eine materielle Basis für mein Leben zu schaffen.

Geld oder Dinge zu haben war einfach keine Zielvorstellung, von der ich mir irgendwas erhoffte. Vielleicht erinnerst Du Dich, dass ich es ablehnte Kfz-Mechaniker zu werden, obwohl mich das mittelfristig zum Junior-Chef der Autowerkstatt meines Onkels gemacht hätte. Kurz: Materielles konnte mich noch niemals motivieren und ich habe mich selten unterversorgt gefühlt (eigentlich nur, als ich nicht für mich, sondern für die Kinder etwas mehr Geld gebraucht hätte).

Und wie steht es mit Ideen als Motivation? Schon besser, trotzdem hat sich auch in Bezug auf motivierende Ideen Ernüchterung eingestellt. Langfristig haben sie alle nicht durchgetragen. Anthroposophie, feste Partnerschaft, Gemeinschaftsleben, Basisdemokratie und Wagenleben, Buddhismus verschiedener Geschmacksrichtungen; fast nichts, das mich phasenweise begeistert
hat, habe ich nicht wieder verworfen oder doch so stark relativiert, dass es zur Motivation nicht mehr ausreicht.

Letztlich gibt es nur eines, das mich motiviert: Anerkennung, ernst gemeint und offen ausgesprochen. Das heißt zugleich, dass mich Menschen motivieren. Zumindest so lange, wie sie mir die tägliche Dosis Anerkennung nicht verweigern. Gib mir diese Droge und ich springe durch jeden Ring. Verweigere sie mir und ich gehe freudig-gekränkt in die Einsamkeit zurück. Es ist nicht immer Spaß, so zu leben und zu funktionieren, aber es ist, wie es ist.

So, die letzten drei Absätze dienen der ausführlichen Illustration einer einzigen Aussage: In der Vergangenheit haben sich mindestens vier Therapeuten und etliche besorgte Freunde ohne Ergebnis darum bemüht, mir irgendein Ziel abzuringen, dem nachzugehen ich bereit sei. Was auch immer, es ist nicht „überzeugend“. Dieses Wort, „überzeugend“, benutzt Doris Lessing in einem ihrer Romane um damit mögliche Liebesbeziehungen zu klassifizieren, manche sind es und andere nicht. Und welche uns überzeugen ist nicht immer rational nachzuvollziehen, manchmal sogar ausgesprochen unvernünftig oder schädlich. Mir geht es so mit Zielen, ich finde sie einfach nicht überzeugend. Der Schaden liegt bei mir, jeder weiß, dass Ziele Ausrichtung geben und helfen, ein vernünftiges Leben zu führen.

Am Besten fühle ich mich immer im näherungsweise sinnfreien Raum. Meditation ist so was, führt zu nichts und muss das auch nicht (obwohl mir da manche sehr widersprechen würden). [….] Oder lesen, wenn es nicht dem Studium dient. Irgendwas technisches auseinander nehmen um zu schauen, was drin ist (24925), vielleicht sogar zu verstehen, wie es funktioniert. Kunst anschauen wenn ich nicht drüber reden muss. Lange Emails schreiben, in denen ich mehr mir als irgendjemandem sonst erkläre, wer ich bin.

Ach ja, eigentlich auch lang genug für heute. […]

Liebe Grüße
G.

Internet: Versorgung via skyDSL

2014-08-23-skyDSL

 

Update (2.9.2014): Die Antwort bringt nichts Neues!

Sehr geehrter Herr […],

vielen Dank für Ihre Nachricht 23.08.2014. Da wir die Bandbreite zu Ihrer Anforderungen nicht garantieren können, können wir ausschließlich nur einen Wechsel zu unseren Busindess Tarife anbieten. Im Anhang finden Sie die entsprechende Information.

Bitte teilen Sie uns mit, wie Sie vorgehen möchten.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Ihr skyDSL Team

g.wandert: Rund um den Edersee

Tag 0: Vorbereitungen

Der Rucksack ist gepackt, knapp 10 Kilo kommen zusammen.

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Morgen geht es zum Edersee, Plan ist, ihn in drei Tagen einmal ganz zu umrunden.

 

Tag 1: Waldeck bis Bringhausen

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Tag 2: Bringhausen bis Jugend-Zeltplatz Vöhl-Herzhausen

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Tag 3: Jugend-Zeltplatz Vöhl-Herzhausen bis Scheid (Europahain)

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Nachbereitung

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Udate (1.6.2013): Tja, das wir wohl nichts mehr mit einem richtigen Beitrag. Immerhin findet die Tour Erwähnung in einer Mail an F. aus F. (künftig benannt). Das Zeug oben lass‘ ich stehen, belegt es doch den guten Willen und die Fähigkeit zur Planung.

Möglicherweise hast Du aus meinem Blog erfahren, dass die angedachte Ederseeumwanderung stattgefunden hat (jetzt NICHT dort nachsehen, mehr ist auch dort nicht zu erfahren). Also: hat sie. War auch gut. Nur widerstrebt es mir, das offensichtliche zu schildern. In der Oper wird viel gesungen, wir sind viel gelaufen. Dabei haben wir verkrüppelten Eichen zugeschaut, wie sie sich in steinigen Hängen festkrallen. Da sie das schon sehr lange tun, fehlt dem Vorgang die Dramatik, auch das kann man sich denken, ohne dabei gewesen zu sein. HÄTTEN wir nachts auf dem Hügelgrab gezeltet, gäbe es vielleicht etwas mehr zu berichten. Haben wir aber nicht. Unter Gesichtspunkten des Geschichtenerzählens liegt unsere Wanderung auf dem Niveau des Nachtprogramms der dritten Programme. Ich denke da an diese Serie, in der die Kamera während einer Bahnfahrt stumpf aus dem Fenster schaut, sehr landschaftslastig und wenig überraschend. Genug davon.

Update (3.6.2013): Unbedingt Kommentare aufklappen.

Update (22.6.2013): Es gibt Menschen, die fassen meinen obigen Beitrag mit den Worten zusammen, ich hätte die Wanderung langweilig gefunden. Dem muss ich mit allem Nachdruck widersprechen, „langweilig“ ist für das, was auf einer Wanderung alles nicht passiert, eindeutig zu schlecht konotiert. Genausogut könnte man behaupten, Meditation sei langweilig (zugegeben, manche tun das auch). Will sagen: etwas muss nicht langweilig sein, bloß weil nichts passiert (wenn wir mal von meinem Leben absehen). Weiterhin: es gehört geradezu zum Wesen des Wanders, dass nichts passiert (wer will, dass beim Wandern was passiert, ist im Survival-Training besser aufgehoben).

Nachdem das also geklärt ist, will ich versuchen, die zugegeben kurze Beschreibung der Tour etwas aufzufüttern. Das, was beim Wandern noch am ehesten einem Ereignis gleichkommt, ist der Regen; davon hatten wir zweimal heftig. Regen ruiniert die Frisur und ist unter modischen Gesichtspunkten betrachtet eine Katastrophe. Wer sich, wie ich, zum Schutz mit seinem wasserdichten Außenzelt behängt, sieht aus wie ein Depp, auch wenn er sich nicht zwangsläufig so fühlt – und gegebenfalls sogar Hochmut ob seines Improvisationstalentes entwickelt. Dass in diesem Moment Selbst- und Fremdwahrnehmung auf’s Heftigste kollidieren kann dann Gegenstand gehender Kontemplation sein. Tja, Freunde, die wahren Abenteuer sind im Kopf.

Mindestens so aufregend wie die seltenen Regenschauer waren die noch selteneren Tierbegegnungen. Es gilt, zum Beispiel, die Ambivalenz zu kontemplieren, ob die Wildsau nun zur besseren Betrachtung näher kommen soll oder ob sie nicht doch dort oben zwischen den Bäumen, nun, sicherer ist. Man will ja nicht unsensibel sein, so als Wanderer. Ein weiteres Abenteuer kann sich im Kopf entfalten.

Regen und Tierbegegnungen sind als Kontemplationshilfen kaum zu schlagen, nah dran sind nur fehlende Möglichkeiten zur Rast. Hier wird der Wanderer auf die Probe gestellt. Um noch einmal den Vergleich mit der (Sitz-)Meditation heranzuziehen, das ist, wie wenn dir nach zehn Minuten die Beine einschlafen und du „nur noch“ fünfzehn Minuten zu sitzen hast.  Das hat noch keinen umgebracht. Das übergeht der gehende Naturfreund einfach („übergeht“, haha, Wortwitz, haha). Das lädt dazu ein Zeit – und im Falle des Wanderns auch Entfernung – auf neue Art und Weise wahrzunehmen. Und: Das ist nicht langweilig.

Eines noch: Wandern, das ist bei mir vom Loslaufen bis zum Ankommen am Tagesziel. Wie das andere heißt, weiß ich nicht, aber dort liegen die wirklichen Herausforderungen, essen und schlafen zum Beispiel. Da könnte ich eventuell noch was erzählen. Müsst ihr aber nachfragen.