In der Klinik (1)

Ein recht unspezifischer Titel und so unspezifisch soll es hier auch zugehen. Ende August  bin ich vom Dach meines Lieblingsprojektes gefallen und habe mir den Oberschenkel gebrochen. Was folgt sind Operation, Teilbelastungs-Reha, eine kurze Zeit zuhause (mit oder ohne ambulante Physio) und letztlich Vollbelastungs-Reha. Zu erwarten sind hier folglich Beobachtungen aus einem Krankenhaus und zwei Reha-Kliniken. Vermutlich wird das Ganze eher etwas ungeordnet, ich werde in unregelmäßigen Abständen meine Gedanken und Beobachtungen einfüllen, eine runde Geschichte ist da nicht zu erwarten.

Dennoch, im ersten Bruchstück werde ich kurz einen Überblick geben und erst danach episodisch werden.

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Nach dem Sturz wurde ich ins Evangelische Krankenhaus Mittelhessen (zukünftig kurz EKM) eingeliefert und für die Operation am folgenden Tag vermessen und belehrt. Nach der Operation blieb ich noch für weitere 9 Tag dort. Neun Tage sind etwas länger, als medizinisch notwendig gewesen wäre, aber die Reha-Klink akzeptiert für Teilbelastungspatienten (weil das Bein im Moment nur mit maximal 20 Kilogramm belastet werden soll) nur Direktverlegungen. Also nichts mit ein paar Tagen am Platz. Auf eine sehr mühsame Weise hätte ich mir durchaus ein paar Wartetage am Platz vorstellen können.

So werde ich am 9. Oktober in die Teilbelastungs-Reha überführt, bleibe dort rund eine Woche und werde am 18. nachhause entlassen. Es sind die 6 Wochen abzuwarten, nach denen ich laut Arztbrief das Bein wieder belasten darf. Von zuhause aus geht es ab dem 12. Oktober nach Bad Nauheim in die Vollbelastungs-Reha.

Ende des Überblicks.

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Worum es sich nach der OP und in der Reha immer wieder dreht ist die Frage, wie viel dem Bein, besser: dem Bruch, zum jeweiligen Zeitpunkt zuzumuten ist. Schon sehr früh schreibe ich an Freunde zu diesem Thema:

Diese ganze Frage, was geht und was nicht, hängt davon ab, wem man glauben möchte. Es gibt hier Chirurgen, die sagen, dass der Bruch schon jetzt 100% belastbar sei (diese 20 Kilo, naja, Schulterzucken, Vorsicht, Übervorsicht). Auf der anderen Seite die Physiotherapeuten, die die 20 Kilo als in Stein gemeißelt ansehen. Da gibt es keinen Raum für kreativen Umgang mit Krücken.
Was ich für mich daraus mache: die Ansicht der Chirurgen nehme ich als Indiz dafür, dass der Bruch fehlertolerant ist. Mal 40 statt 20 Kilo sind kein Beinbruch (haha, Wortwitz), das erlaubt angstfreies ausprobieren. Dennoch bleibe ich so eng wie möglich an den Vorgaben der Physiotherapie, denn: Ziel der Bemühung ist nicht der Knochen, sondern der Muskel (und der ganze Weichkram in der Nähe). Dort entsteht auch der Schmerz bei Fehlbelastung. Und zwar vergleichsweise früh. Kurz, vermutlich kann der Schmerz (besser: die Vermeidung von Schmerz) ein guter Führer sein. Bei mir forscht Jugend auch auf Krücken. Ziel der Reha: Wiederaufbau des Muskels ohne den Knochen zu belasten, dann, …

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Was man wissen muss, ich bin Kliniksneuling, das letzte Mal war ich in meiner Kindheit stationär in einem Krankenhaus. Ich staune und versuche mir zu erklären, was ich sehe.

Nun gibt es so etwas wie die „die Klinik“ ja nicht, sie tritt in Form ihres Personals auf, worunter ich alles von der Putzfrau über das Pflegepersonal bis zum Oberarzt  verstanden haben will. Personal ist einerseits immer Träger der unpersönlichen (Unternehmens-)Kultur, kommt aber andererseits mit individuellen Eigenschaften und Befindlichkeiten daher. Wann wir es mit dem einen oder anderen zu tun haben ist nicht leicht zu unterscheiden. Das eine Krankenschwester mal einen schlechten Tag hat, bedeutet nicht, dass das Krankenhaus schlecht ist. Nur weil der Koch kochen kann, muss es keine gute Reha-Klinik sein. Dennoch fließt alles in einen Gesamteindruck ein, der uns am Ende zu einem Urteil führt.

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Das Evangelische Krankenhaus Mittelhessen

Mein Eindruck während der gesamten Zeit: professionell und freundlich. „Freundlich“ fiel mir zuerst auf, erst später, als manches Personal unter Druck auf „professionell freundlich“ zurückfiel, kam das „professionell“. Das gilt für alle, von der etwas verhuschten Reinigungskraft bis in die oberen Etagen. Mit einer unrühmlich Ausnahme, einem Oberarzt (wohlgemerkt nicht mein behandelnder Chirurg/Arzt), der sich vom Handy abgelenkt vorstellte und auch im weiteren Verlauf des Gesprächs nicht sonderlich interessiert wirkte. Obwohl er bestimmt die richtigen Fragen stellte; wer weiss, vielleicht kannte er die Antworten ja schon.

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Die ersten Tage nach der OP
In diesen ersten Tagen ging es mir wirklich mies, wobei mein Hauptproblem nicht der Bruch war, sondern der Rücken. Ich bin Bauchschläfer und musste nun auf dem Rücken schlafen. Im Ergebnis war ich total verspannt und konnte mir auch selbst keine Abhilfe verschaffen, einfach weil ich keine der gewohnten Schonhaltungen einnehmen konnte. Was dann geholfen hat: Oxycodon, gegeben für irgendeinen anderen Zweck und – schwupps – waren die Verspannungen und Schmerzen weg. Einmal bemerkt gab es die dann zweimal am Tag auf die normalen Schmerzmittel obendrauf.

Die Nächte waren dann nicht mehr schmerzhaft schwierig, sondern nur noch schwierig. Denn jedes umlagern von der einen hin zur anderen Position war ein bewußtes und mühsames Unterfangen. Und keineswegs immer hilfreich, manchmal wechselte ich sofort wieder in eine andere Position. Im Wesentlichen hatte ich drei Stellungen, in denen ich irgendwie schlafen konnte, Rückenlage, gekrümmte Seitenlage links und rechts. Kleine Vorausschau: Erst zwölf Nächte nach der Operation habe ich zum ersten Mal halbwegs normal durchgeschlafen.

Und der Bruch? Einfach nicht dran rühren, und alles war gut. Aber vielleicht ist es auch irreführend, sich auf den Bruch zu beziehen, man assoziiert dann einen klar umgrenzten Bereich, der schmerzt oder auch nicht. Eigentlich war nach der OP das ganze Bein ein gequälter und kaum  ausdifferenzierter Bereich, der einfach in Ruhe gelassen werden wollte. Tatsächlich konnte ich es einige Tage später sogar als einen Fortschritt begreifen, die verschiedenen Druckstellen, Blutergüsse und Wunden voneinander unterscheiden zu können.

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Die Physiotherapie im EKM
Zunächst bekam ich zwei Übungen, die ich jeweils zu den Mahlzeiten machen sollte und auch machte. Nachgefragt wurde das niemals. Später ging es mit Übungen auf den Krücken weiter. Was ich anfangs sehr entmutigend fand, weil die Schrittweite, zu der ich angehalten wurde, sich einfach falsch anfühlte. Das hat sich bis zum letzten Tag gehalten, aber wenn ich will, kann ich jetzt die Krücken auch falsch benutzen.

Kleiner Vorausblick: Meine Verlegung nach Bad Endbach lag unmittelbar vor dem Wochenende, das heißt, ich hatte drei Physio-freie Tage, in denen ich selbständig mit den Krücken herumprobieren konnte. Also bin ich solange herumgekrückt, bis ich raushatte, wie sich das für mich am Besten anfühlte. Die Physiotherapeutin hat sich das dann angeschaut und für gut befunden (heruntergezogene Mundwinkel in Richtung der nicht anwesenden EKM-Kollegin).

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Die Bergwaldklinik in Bad Endbach
Ich muss es zugeben, mein Blick auf die Bergwaldklinik ist etwas voreingenommen. Denn mein mit Abstand kürzester Bettnachbar (hereingefahren, eine Stunde liegengelassen, dann bemerkt, dass er Privatpatient ist, herausgefahren) hatte mich schon vor den hygienischen Verhältnissen und dem hohen Altersdurchschnitt der Patienten gewarnt. Mit weniger wertfreien Formulierungen, sein Vortrag begann mit „Ach du Scheiße …“. Nun interessiert mich immer, wie Menschen denn zu den Urteilen kommen, die sie so vertreten. Nun, er sei 14 Jahre als Sanitäter hier im Raum unterwegs gewesen und nun würde er studieren, Fach Krankenhaus-Hygiene. Danke, das genügt mir als Legitimation für die Bewertung und jedwede Drastik im Sprachgebrauch.

Wer mich kennt, weiß, dass ich mit mangelnder Hygiene kein Problem habe, von daher müssen wir das als Thema hier nicht weiter vertiefen. Obwohl, eins noch, das Silberfischchen im Bad habe ich genau einmal gesehen und hatte das Phone zum Fotografieren nicht dabei, ärgerlich.

Kommt hinzu, eine Wahl hätte ich ohnehin nicht gehabt. Solche wie mich (Teilbelastungspatienten) nimmt innerhalb Hessens nur die Bergwaldklinik.

Und es ist nicht alles schlecht. Anders als im EKM, wo die Anmeldeseite des WLAN schlichtweg nicht (niemals nicht, den ganzen Aufenthalt über) lud, funktioniert das WLAN vom ersten Moment an so, wie man es erwartet. Ich halte das für ein Qualitätsmerkmal.

Ebenso das Essen, das um Längen besser ist, als das im EKM. Was daran liegen mag, dass sie hier eine eigene Küche haben. Auch hier zur Einordnung, wer mich kennt, weiß, dass ich essenstechnisch absolut anspruchslos bin. Damit ich Essen schlecht finde, muss man richtig viel falsch machen (EKM), damit ich zufrieden bin genügt solider Durchschnitt (Berkwaldklinik).

Bei der Sache mit dem hohen Altersdurchschnitt der Patienten bin ich noch etwas unsicher in der Beurteilung. Klar ist, das macht etwas mit dem Personal. In der ersten Begegnung hatte ich ich bisher immer das Gefühl, ich müsste mein Gegenüber ersteinmal davon überzeugen, dass ich noch alle beisammen habe. Das gelingt in der Regel schnell, will aber bei der nächsten Begegnung bestätigt werden.

Ein anderer Effekt des hohen Altersdurchschnitts könnte sein, dass die Physiotherapeutin mich bisher eher unterfordert, also sich an dem orientiert, was sonst so geht hier.

Es gibt da noch mehr, aber das kann ich gerade noch nicht angemesen mit Worten fassen, der Ton ist eine Spur rauher, der Umgang eine Spur weniger respektvoll, der Patient etwas mehr Objekt denn Subjekt. All das vielleicht sogar mit voller Berechtigung, nein, nicht, aber mit nachvollziehbarer Selbstlegitimation. Denn, am Anschlag arbeitet das Pflegepersonal auch hier.

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Der Aufenthalt im Krankenhaus ist so gut…
… wie der Bettnachbar. Und Bettnachbarn hatte ich etliche, gerade in der Zeit im EKM. Wirklich unproblematisch war davon nur einer, mit den meisten hätte man gut leben können, und mit dem Rest, naja, musste ich mich halt arrangieren.

Machen wir zwei Kategorien auf, die sich in meiner Erfahrung kaum überschneiden. Bettnachbarn, wenn sie denn schwierig sind, sind das entweder bei Tag oder bei Nacht. Die Tagschwierigen sind das zumeist aufgrund eines übertriebenen Kommunikationsbedürfnisses. Sie erfordern neben angemessener Anteilnahme auch Abgrenzung. Da wir im Krankenhaus sind, genügt es meist erschöpft aus dem Gespräch auszusteigen und mit geschlossenen Augen ins Kissen zu sinken. Oder aber ausdrücklich darauf zu verweisen, dass man nun Kopfhörer aufsetzt und für weitere Plaudereien nicht mehr zur Verfügung steht.

Die Nachtschwierigen sind die wirkliche Herausforderung. Aus unterschiedlichen Gründen schlafen sie laut oder schlecht. Schnarchen ist da noch das kleinste Problem, einer meiner Bettnachbarn war schon im Schlaflabor wegen seiner Schlafapnoe angemeldet, ihm zuzuhören, wie nach etlichem Geröchel die Atmung zwischendrin mal ganz aussetzt, nur um dann mit neu gewonnener Stärke, noch seltsamere Geräusche zu produzieren war beeindruckend. Aber, man denkt es sich, keineswegs schlaffördernd.

Die, die nicht schnarchen, schlafen schlecht oder gar nicht. Unruhig sind sie alle, machen seltsame Geräusche oder sprechen im Schlaf. Der Gang zum Klo, oder auch nur der Griff zur  Pinkelente, braucht gelegentlich volle Beleuchtung. Das Kopfteils des Bettes auf eine angenehme Neigung einzustellen (surrender Elekromotor), kann auch mal eine ganze Nacht in Anspruch nehmen. Kurz: allerlei eigentlich zu vernachlässigende Störungen treffen auf die eigene Unruhe, das eigene Leiden und machen die Nächte schlaflos. Zumindest in Teilen; wer schläft, schläft aus Erschöpfung, wenn er einen nachtschwierigen Bettnachbarn hat.

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Der Aufenthalt im Krankenhaus ist so gut…
… wie das WLAN. Das wissen auch die Krankenhäuser, folglich ist der Zugang unkompliziert geregelt. Theorethisch. In beiden Krankenhäusern kann man sich als Patient zeitlich begrenzte Zugänge zum WLAN aushändigen lassen. In beiden Fällen geschieht das an der Rezeption. Wer nicht laufen kann, muss die Pfleger darum bitten, die haben solche Gänge aber nicht an oberster Stelle auf ihrer Prioritätenliste. Im Idealfall hat man irgendwann einen Ausdruck in der Hand der in etwa besagt: Du hast ab jetzt für x Tage und y Geräte Zugang, benutze im WLAN Krankenhausname den user-Namen buchstabensalat mit dem Passwort nochmehrbuchstabensalat. Was will man mehr?

Dass es funktioniert! In der Berkwaldklinik war das problemlos, im EKM konnte ich bis zum letzten Tag die Anmeldeseite nicht öffnen. Probiert mit drei verschiedenen Geräten und nochmehr verschiedenen Browsern, mit und ohne Adons, Adblockern und Privacy-Verbesserern. Ich wage zu behaupten, dass die Verantwortung für diesen Fuckup bei der EKM-IT-Abteilung liegt.

Internetmäßig bin ich im EKM nur über die Runden gekommen, indem ich mir etwas Datenvolumen auf meinem Phone nachbuchte und das Laptop darüber via Hotspot versorgte. Das kann mal machen, aber wer es kennt, verzichtet lieber darauf. Ich möchte auf jeden Clip, Trailer oder sonstigen Bewegtbildinhalt klicken können, ohne mir Gedanken um das Datenvolumen machen zu müssen. Oder die automatischen Updates auch einfach laufen lassen, die natürlich als erstes kommen, wenn ich ein länger nicht benutztes Gerät dann mal wieder verwende.

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Der Aufenthalt im Krankenhaus ist so gut…
… wie das Essen. Dass das Essen im EKM schlecht und in der Berkwaldklinik gut ist, habe ich schon beschrieben, mit einem sehr engen Fokus auf den Mittagsmahlzeiten. Das Frühstück und auch das Abendessen sind in beiden Kliniken in etwas gleich zu bewerten: eintönig. Einmal bestellt (Brötchen, Brot, Knäcke, mit oder ohne Wurst) gibt es kaum noch Variationen. Im EKM wechseln drei gleich geschmacklose Käsesorten sich ab, Überraschungen bittet allein die Fruchtsorte der Portionspackungen Marmelade (wenn man es denn so nennen will). Wem das zu  aufregend ist , sollte die Berkwaldklinik wählen, hier gibt es bei Gelegenheit auch zweimal hintereinander das exakt gleiche Abendessen.

Interessante Unterschiede gibt es zwischen den Kliniken in Bezug auf die Auswahl zwischen den Gerichten und wie sie getroffen wird. Das EKM lässt sein Essen von außen kommen, es serviert Fertiggerichte. Und das tut es auf hohem Niveau. In jedem Nachttisch liegt eine anspruchsvoll gestaltete Speisekarte, die eine große Auswahl an verschiedenen Gerichten bietet. Einmal am Tag geht eine sympathische junge Frau durch die Zimmer und nimmt die Bestellung für den nächsten Tag auf. Theoretisch ließe sich dabei auch Frühstück und Abendessen variieren, innerhalb einer schmalen Bandbreite. Wären die Mahlzeiten nur ein wenig schmackhafter, gäbe es nichts zu bemängeln.

Die Berkwaldklinik kocht selbst und hält das Prozedere einfacher. Es gibt einen Wochenplan mit vier verschiedenen Speisefolgen: Klassische Küche / Angepasste Vollkost / Mediterrane Kost / Vegetarisch. Es gilt sich für eine Kategorie zu entscheiden, gelegentliche (!) Wechsel sind möglich und sollen beim Pflegepersonal angefragt werden. Da bis jetzt alles geschmeckt hat, will ich gar nicht viel mäkeln.

Aber eines anmerken. Die ersten drei Kategorien sind Fleischkategorien (freitags Fisch), in ihnen findet sich diese Woche genau ein fleischloses Gericht (Mediterran/Gemischter Gemüseteller mit Bechamelsoße und Kartoffeln). Ich halte das für falsch. Ich esse Fleisch, aber ich brauche und will es nicht jeden Tag. Mir fehlt die 3-mal-die-Woche-Fleisch-Kategorie.

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Das Entfernen der Wundklammern fand am 14.9.2021 statt. Vorher-Nachher-Bild von der hübschesten und niedlichsten meiner OP-Wunden, derjenigen in der Nähe des Knies, wo die Schrauben sitzen.

Ein Detail auf dem rechten Bild ist erwähnenswert. Es lässt sich sehr gut erkennen, dass das Pflaster über der Wunde nicht mittig saß. Eher noch geradeso richtig. Das genügt meinen Ansprüchen nicht. Professionell ist anders.

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Die Sache mit dem Pflaster und  was sie mit dem Dome zu tun hat.

Ich erledige Dinge gerne selbst, weil sie dann so gemacht sind, wie ich mir wünsche. Manchmal auch schlechter, aber dann liegt die Verantwortung bei mir und das ist okay. Im konkreten Fall geht es um wasserabweisende Pflasterüberdeckung, eine Art Spezialpflaster, das über die normalen Wundpflaster geklebt wird, damit man damit duschen kann. Das EKM hatte mir davon genug mitgegeben, um meine Pflaster noch einmal abzudecken.

Mittwoch dieser Woche mochte ich mich dann selbst nicht mehr riechen wollte ich dann duschen und begann damit, das Pflaster zuzuschneiden und anzubringen. Mit der Wunde in Knienähe gelang das auch so halbwegs, aber mir wurde klar, dass ich die Pflaster in Hüftnähe nicht sebst aufbringen könnte. Das eigentliche Pflaster ist eine sehr dünne und flexible „Haut“, und was oberflächlich betrachtet wie ein Pflaster daher kommt, ist nur eine steife Hilfe, um diese Haut an Ort und Stelle zu bekommen. Fummliger als man denkt.

Mir war klar, dass ich das Personal um Hilfe bitten müsste, und warum auch nicht, Pflasterkleben sollte im Pflegebereich zu den Kernkompetenen gehören. Andererseits war und ist mein Vertrauen etwas erschüttert. Erstens, weil selbst Standardpflaster hier anscheinend schon eine Herausforderung darstellen (siehe Bild oben), und zweitens, weil hier alles außerhalb der geriatrischen Spezialisierung ungewohnt, gegebenfalls sogar neu, ist. Der geriatrische Patient duscht nicht, er wird gewaschen. Das Pflaster könnte eine Herausforderung im ohnehin fordernden Pflegealltag darstellen.

Kaum gedacht, hatte ich auch schon ein schlechtes Gewissen. Mal ehrlich, Pflegerinnen die Kompetenz zum Pflasterkleben absprechen, ist das nicht ein wenig überheblich? Überheblich hin und her habe ich trotzdem nochmal sehr genau darüber nachgedacht, wie ich (!) das Pflaster an seinen Ort bekommen könnte. Aber nein, ich müsste in einer sehr verdrehten Körperhaltung an einer Stelle arbeiten, die im Idealfall völlig unverdreht vor mir liegen müsste. Selbermachen unmöglich.

Also habe ich eine der Pflegerinnen angesprochen („Ach, dann machen wir das doch gleich!“), und das Ergebnis lag irgendwo zwischen gut und meinen schlimmsten Befürchtungen. Es war gerade gut genug, das Standardpflaster war nicht mittig unterhalb des Spezialpflasters, aber immerhin überall unterhalb.

Kein Totalversagen, eher so, als würde ich die Klebenähte der LKW-Plane 2 Zentimeter breit ausführen, obwohl mindestens 4 empfohlen sind.
Womit wir bei dem Gedanken sind, der die Geschicht so aufschreibenswert macht. Die ganze Nummer kann ich eins zu eins auf meine Schwierigkeiten übertragen, mir jetzt jemanden zu suchen, der das Dach, von dem ich gefallen bin, in diesem Jahr noch fertig macht. Zwei warme Tage und die Sache könnte erledigt sein. Aber ich müsste Vertrauen in die Fähigkeiten desjenigen haben, der das macht. Und, wenn es einen solchen gäbe, wie ist mein Erfahrungsvorsprung bei dieser doch sehr speziellen Tätigkeit einzuschätzen. tbc

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Ein Grund zur Dankbarkeit sind meine gut erreichbaren Venen. So oft, wie in den letzten Tagen irgendwelche Flüssigkeiten aus mir heraus oder in mich hinein mussten, ist es schön, dass ich den Vorgang vergleichsweise entspannt über mich ergehen lassen kann, einfach weil ich weiß, dass auch blutige Anfänger das Setzen der „Schmetterlinge“ in der Regel schmerzfrei hinbekommen.

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In der Nacht vom 16. auf den 17. erstmals in Bauchlage geschlafen, nicht ständig, aber teilweise. Ein großer Gewinn.

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Die Physiotherapie in der Bergwaldklinik
Der Abeitsauftrag ist schnell umrissen: mich auf Krücken fit genug machen, dass ich mich auf dem Platz sicher bewegen kann. Es gibt drei maximal halbstündigen Anwendungen pro Tag, die mehr oder weniger die gleichen Übungen wiederholen.

Eine der Anwendungen ist immer der Kräftigung der Arme und des „guten“ Beins gewidmet, und findet an den Fitness-Maschinen im Physio-Raum statt. Andere Konstanten gibt es nicht. Die beiden verbleibenden Anwendungen pro Tag werden dann überwiegend mit Übungen auf den Krücken verbracht. Mit leichten Steigerungen im Schwierigkeitsgrad von Tag zu Tag. Mittlerweile laufe ich sicher, aber Treppenhäuser sind eine besondere Herausforderung. Es ist immer noch so, dass man mir schon eine ganz besondere Karotte vor die Nase halten müsste, damit ich das ohne eine zweite Person in der Nähe wagen würde. Andererseits, die ein/zwei Stufen im Wagen und aus dem Wagen heraus werden kein Problem darstellen.

Als Besonderheit hatten wir eine Session, wo wir herumprobiert haben, wie man zum Boden kommt und dann auch wieder aufsteht. Ich hatte mir das gewünscht, weil ich es für möglich halte, das mir irgendwann die Krücken in ein Maulwurfsloch einsinken. Ich traue mir durchaus zu, in einem solchem Fall kontrolliert zu stürzen, aber für das Aufstehen hatte ich so gar keinen Plan. Jetzt habe ich einen.

Nur zweimal haben wir uns der Beweglichkeit des Beines selbst gewidmet. Vielleicht, weil die Physiotherapeutin die Ansicht vertritt, dass diese ohnehin von selbst zurückkommt, wenn ich das Bein benutze und die noch immer deutlich vorhandenen Blutergüsse zurückgehen. Dann sei „nur noch“ der Muskel zu kräftigen.

Positiv formuliert: Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt überfordert gefühlt.

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Schade, jetzt hat die Berglandklinik auf den letzten Metern bw. eineinhalb Tagen doch noch verkackt. WLAN-Ausfall auf beiden Geräten. Auch deswegen vervollständige ich diesen Post so spät. Einen Teil der letzten Episoden habe ich offline noch in der Klinik geschrieben und erst nachträglich eingepflegt.

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Entlassung aus der Berglandklinik am 18. September nachhause.

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Fortsetzung ab 12. Oktober aus der Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim.

Jahresrückblick 2020

Dieses Jahr gibt es den Rückblick-Deluxe. Was damit zusammenhängt, dass ich ihn schon im Februar begonnen und dann in etwa zweimonatigen Abständen befüllt habe. Meistens nur mit Stichworten, gelegentlich auch mal ein Bild. Das hat den Einstieg in den Text dann sehr erleichtert.

Andererseits, so ganz deluxe dann doch nicht. Ich bin unzufrieden mit den Bildern. Ihr werdet es ja selbst sehen, von den wenigen sind erstaunlich viele schlecht. Hätte ich sie weglassen sollen? Wisst Ihr was, wir machen es uns leicht und genau keinen Kopf darum. Wer hier mitliest weiß schon lange, dass es Hochglanz nur woanders gibt. Los geht´s.

Januar

Im Moment tut ja jeder so, als hätte es vor 2020 keine schlechten Jahre gegeben. Doch, gab es. Die Schlafstörungen, die mich im Januar im Wortsinn ermüden, habe ich eindeutig aus 2019 mitgebracht. Und der Winter davor war auch nicht so prall.

Das subjektiv Gute im objektiv Schlechten war der milde Januar inmitten der Klimakrise.  Dank dessen und einer guten inhäusigen Vorbereitung konnte ich nämlich in den letzten beiden Januarwochen das geodätische Rankgerüst 2.0 aufbauen.

Februar

Der Februar ist dann wieder eine Indoor-Veranstaltung. Erwähnenswert an dieser Stelle ist eigentlich nur die Beschäftigung mit dem Arduino; das ist ein kleiner programmierbarer Schaltkreis, der gemeinsam mit einigen Sensoren und Aktoren auf einer Platine daherkommt. Das Teil vereinfacht die Automatisierung von zum Beispiel einer Gewächshausbewässerung sehr. Denn darüber denke schon seit mehreren Jahren nach, in diesem Jahr ist dann wenigstens ein Prototyp fertiggeworden.

Die Motivation, sich nochmal mit der Bewässerungssteuerung zu befassen, kam mit der Eröffnung des Makerspace in Gießen, dem MaGie. Dort gab´s an einem Abend eine kurze Arduino-Einführung (an einem anderen konnte man die Grundlagen des 3D-Drucks erlernen und irgendwann davor gab es auch einmal einen Tag der offenen Tür), verbunden mit der Einladung, die dortigen gut ausgestatteten Räumlichkeiten doch für eigene Vorhaben zu nutzen (das ist die Idee hinter dem Konzept Makerspace: Space zum Maken). Ich sah die Möglichkeit, meiner Eigenbrödelei einen zeitgemäß nerdigen Anstrich zu verpassen. Die Idee war, mir einen Wochentag herauszusuchen, an dem ich regelmäßig dorthin ginge und mein kleines Projekt weiterentwickeln würde. Doch dann kam der

März

und mit ihm die Corona-Pandemie. Die Welt wird seltsam und bleibt es für den Rest des Jahres. Eine der ersten Maßnahmen gegen die Pandemie sind die Schließungen von so ziemlich allen Begegnungsmöglichkeiten, die nicht dem unmittelbaren Lebenserhalt dienen. Dazu zählt auch der Makerspace Gießen, ich bin ausgebremst, noch bevor ich überhaupt Fahrt aufnehmen konnte.

Ab diesem Zeitpunkt übt die Spezies Anpassungsfähigkeit, mit wechselnden Ergebnissen. Der in Westdeutschland aufgewachsene Teil meiner Generation erlebt zum ersten Mal leere Regale in den Discountern. Manche Grundnahrungsmittel, Toilettenpapier und Hamster werden knapp.

Dafür nimmt der Anteil der Bevölkerung im Homeoffice exponentiell zu, ebenso die Verwendung des Wortes „exponentiell“, weil es endlich nicht mehr erklärt werden muss. Eher als ungesellig angesehene und computeraffine Menschen wie ich sehen sich erstmals evolutionär im Vorteil und …, oh, … gerade bekomme ich einen Hinweis aus der Regie „Corona“ an dieser Stelle langsam auszublenden und wieder zum persönlichen Teil zu kommen.

April

Nicht vollkommen unerwartet kommt die Trennung von A., die ihr bis hierher als „Lieblingsmensch“ kennengelernt habt. Das Trennungsgeschehen selbst war undramatisch, vielleicht weil wir nur noch vor uns selbst zugeben mussten, dass aus uns als Liebespaar zunächst ein Paar und dann ein gutes Team geworden war. Es bleibt gegenseitige Wertschätzung und die Hoffnung positiv-emotionale Restbestände in eine Freundschaft umwandeln zu können.

Ebenfalls im April: die  Reparatur des gemeinsamen Druckers. Ja, wir hatten eine gute Zeit, der Drucker, A. und ich.

Mai

Manche Dinge könnten jedem geschehen. Und dann geschehen sie mir. Ich finde das nicht richtig. Das hier zum Beispiel. Der Raum direkt neben unserem Eingangsbereich hat schon lange keine Wände mehr und auch das Dach leckt. Nun ist auch die Decke heruntergebrochen, hängt aber noch an einem Zapfen in der Ecke fest. Wie schwer kann das sein, sie kontrolliert herunterzuziehen?

Es zeigt sich: zu schwer! Bei meinem Versuch, die heruntergebrochene Decke vollständig auf den Boden zu bekommen, drückt sie die Wand zum Parkplatz heraus. Blöderweise trifft sie Z´s Auto und – Ende der Geschichte – glücklicherweise bin ich haftpflichtversichert. Dennoch, der Formalkram ist lästig und beschäftigt Z. und mich auch in den folgenden Wochen immer mal wieder.

Ungefähr zur gleichen Zeit werden mir die Nummerschilder gestohlen. Und anderen anderes. Oder auch nichts, unsinnigerweise werden die Scheiben trotzdem eingeschlagen. Eines Abends sieht Z. einen Unbekannten auf unserem Parkplatz und gemeinsam gelingt es uns, den Dieb in C´s Wagen stellen und der Polizei übergeben. Die Diebstahlsserie endet und alle Beteiligten – mit Ausnahme des Diebes – könnten zufrieden sein. Dennoch ruft diese Geschichte mehr gemischte Gefühle hervor, als ich bereit bin darzustellen.

Ach ja, auch der Staatsanwalt war nicht so ganz zufrieden, formaljuristisch folgt eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, die im November niedergeschlagen wird. Anwaltskosten und (ein wenig) Stress bleiben bei uns.

Juni

Wenn ich durch meine Bilder gehe, scheint im Juni nicht viel geschehen zu sein. Das ist natürlich Unsinn. Nur gibt es nichts, das in diesen Jahresrückblick passt. Die Welt ist immer noch im Pandemiemodus und mir ist das immer noch weitgehend egal, weil ich es nur bemerke, wenn ich einkaufen gehe, also ungefähr einmal in der Woche. Seit Mai (und noch bis Ende September) bin ich in meiner freien und aktiven Zeit mit dem Dome beschäftigt. A. ist zweimal die Woche da und hat ebenfalls Spass an und auf der Baustelle.

Dem Wohnprojekt, in dem ich wohne, gelingt es nach langer und schwieriger Zeit, wieder einen Vorstand zu bilden. Ich bin Teil des dreiköpfigen Vorstands, was mich vielleicht mehr als alle anderen überrascht.

Juli


In mehreren kleinen Arbeitseinsätzen haben wir im Eingangsbereich einen neuen Betonsockel gegossen (schwerpunktmäßig im Juli). Ich bin noch unsicher, ob ich feiern soll, dass wir soweit gekommen sind, oder schimpfen, weil wir nicht weiterkommen. Die nächsten Arbeitsschritte sind vorbereitet und auch vorgedacht, sie müssten nur noch getan werden.

Unbedingt erwähnenswert: mir bricht ein Schneidezahn heraus, mit erwartbar ästhetischen Konsequenzen, die hier nicht gezeigt werden.  Der Bruch erfolgt überraschend und schmerzfrei, der Zahn war schon seit vielen Jahren tot und überkront. Eigentlich kein großes Ding, nur kommt es irgendwie zur Unzeit (andererseits, wann geht man mal in sich und denkt: „Ach, heute wäre ein guter Tag um einen Schneidezahn zu verlieren.“).  Der schneidezahnlose Zustand zieht sich über mehrer Wochen, nicht nur, weil die Brücke aus Kostengründen von Freunden in China hergestellt wird, sondern auch, weil meine Zahnärztin zwischendrin in Urlaub geht.

Als sie wieder da ist folgt ein großes Erneuern. Bei mir im Mund ist wenig im Originalzustand erhalten; im Oberkiefer sind alle Zähne überkront – und das schon seit 25 Jahren. Eine vorangegangene Paradontose-Behandlung hatte dann zur Folge, dass die Zahnhälse an manchen Stellen keinen Anschluss an das Zahnfleisch hatten. Oder so ähnlich. Kurz, es gab  einmal alle Kronen neu, neben dem neuen Schneidezahn. Die ganze Nummer zog sich bis September, bedeutet: im

August

war ich zahnlos in Berlin. Eine schnell und angenehm verbrachte Woche in Berlin, die an anderer Stelle schon gut dokumentiert ist. Okay, gut genug, ich habe den Beitrag an manchen Stellen immer noch im Entwurfsstadium.

Berlin 29.7. bis 3.8.2020 – Und immer noch Pandemie.

September

Schon Mitte Juli hatte ich begonnen, den Dome zu schließen, meint: OSB-Platten auf das Gerüst zu schrauben. Im September mache ich kaum etwas anderes. Ich möchte fertig werden, bevor es kühl und regnerisch wird. Und das gelingt, am 13.9.2020 kann ich diesen Arbeitsschritt beenden, die restlichen Septembertage vergehen damit, den Dome für den Winter in Folie einzupacken.

Oktober

Lange geplant und im Oktober dann endlich möglich, mein Besuch in Hamburg bei meinem Sohn und seiner Familie. Das liest sich jetzt komisch, wenn´s seine Familie ist, ist´s ja auch meine Familie. Aber vielleicht ist das noch nicht lange genug so, um sich selbstverständlich anzufühlen. Kann perspektivisch aber nur besser werden, weil ich dort im nächsten Jahr meinen ersten Enkel besuchen werde. Und wenn das kein Zugehörigkeitsgefühl auslöst, dann wird mir vermutlich in diesem Leben nicht mehr zu helfen sein.

Mitte Oktober kommt Ex-Nachbarin U. kurz vorbei und im Gespräch ergibt sich, dass Probetanzen in ihrem Tanzverein jederzeit möglich, sogar erwünscht sei, denn „da fehlen immer Männer“. Weil ich helfe, wo ich kann, bin ich also zum nächsten Termin dabei und habe auch Spass dabei. Allerdings bin ich auch gefordert, und das mehrfach. Ich sei unmusikalisch, hat man mir gesagt, damals, und bis heute neige ich dazu, dem Glauben zu schenken. Heute würde man das vielleicht als „rhythmisch herausgefordert“ bezeichnen. Andererseits habe ich mich in der Vergangenheit auf anderen Feldern als lernfähig bewiesen, warum nicht auch hier. Schwieriger ist meine – seien wir mal so unverblümt – Gehbehinderung. Wie gut sich ohne funktionierende Archillessehne Salsa tanzen lässt ist unerprobt, ich bin da neugierig. Meine Vermutung ist, dass ein paar Figuren einfach nicht gehen werden, andere vielleicht eine Spur anders aussehen und genug geht, um Spass zu haben.

Pünktlich zur zweiten Probestunde kam dann auch die Ankündigung, dass coronabedingt ab November wieder nichts mehr geht, Sachen mit Spass schon gar nicht. Ab jetzt nervt die Pandemie wirklich, zum zweiten Mal bremst sie meine zaghaften Soziallebensversuche aus. Zum dritten macht dann auch die Meditationsgruppe wieder dicht, die bis jetzt unerwähnt geblieben ist, weil ich sie seit Mitte 2019 mehr oder weniger regelmäßig besuche. Alleinsein beginnt, sich einsam anzufühlen.

November

Was im November auch so bleibt. Meinen Geburtstag verbringe ich erstmals nicht nur ohne Feier, sondern auch ohne Gesellschaft.

Den Geburtstagskuchen bekomme ich dann cirka eine Woche später von Freund J. überreicht, der ihn eigens für mich bei seiner Mama bestellt hat. Ich bin gerührt (hat er nicht gemerkt).

Es beginnt eine Zeit, in der mein Alleinsein, im Sinne von ohne Beziehung sein, eine neue Qualität bekommt. Bis Ende Oktober ist Ex-Freundin A. noch regelmäßig bei mir und auf der Baustelle aufgeschlagen. Das war gut, solange sie da war, aber an den Tagen danach ging es mir eher schlecht. Nicht so liebeskümmrig, sondern …, wisst Ihr was, ich lasse das mal bei mir, A. und genau einer qualifizierten Gesprächspartnerin. Ist ja nicht nur meine Privatsphäre betroffen, sondern tendenziell auch A.´s. Was gesagt werden kann ist, dass wir unsere Freundschaft für den Winter aussetzen und im Frühjahr weiterschauen. Im durchaus vorhergesehenem Ergebnis bin ich gerade real und gefühlt so allein, wie niemals zuvor in meinem Leben. Bitte jeden Jammerton wegdenken, das lässt sich auch ganz kühl sagen. Denn die neue Qualität des Alleinseins besteht ja nicht im Getrennt-sein vom früheren Partner, sondern darin, dass die Pandemiemassnahmen vielen Bewältigungsstrategien einfach im Weg stehen.

Dezember

Bis jetzt hat der Dezember noch nichts hergegeben, das die Beschreibung verdient. Aber eines ist in Bezug auf dieses Jahr erwähnenswert. Ich habe in Bezug auf die Ausbildung von (perpektivisch guten) Gewohnheiten Fortschritte gemacht. Die Frage, wie man denn wirklich regelmässig tut, was man gerne regelmässig tun würde, beschäftigt mich ja schon länger. Zumindest drei Dinge fallen mir ein, bei denen ich eine große Regelmäßigkeit entwickeln konnte. Vom Leichten zum Schweren.

Erstens: Duolingo. Wenn die eines drauf haben, dann Motivation. Also haben sie mir zum Zwecke des Rückblckes mal was vorbereitet. Und das nehme ich auch gerne.Die Spanischlernerei zieht sich schon seit unserem Barcelona-Trip 2018 hin. Ich lerne auf der niedrigsten Aufwandsstufe vor mich hin, eigentlich empfinde ich es kaum als lernen, sondern eher so, als würde ich nur immer besser, die richtigen Vokabeln und Strukturen zu raten. Kurz, es strengt kaum an und eine der besten Lernhilfen ist die allabendliche Erinnerung, wenn man das Lernen einmal vergessen hat. Es geht um den „Streak“, die maximale ununterbrochene Folge von Lerntagen. Es gibt genau nichts dafür, aber man möchte ihn möglichst lang.

Zweitens: Instagram – seltsam genug. Aber auch da konnte ich unerwartete Regelmäßigkeit entwickeln. Sehr, sehr viel besser als hier auf dem Blog, obwohl sich die Möglichkeit zur Zweitverwendung zumindest gelegentlich anbietet. Leider geht die Quantität etwas zu Lasten der Qualität, aber für die Herzchen bin ich bereit, Abstriche zu machen. So sehr, dass ich überlegt habe, wie sich etwas ähnliche hier auf dem Blog verwirklichen ließe. Bis ich was gefunden habe, könntet Ihr mir gelegentlich ein Herzchen in den Kommentaren lassen? Das würde mir wirklich helfen. Und Euch auch, weil´s hier dann mehr zu lesen gäbe.

Drittens: Abends die Zähne putzen. Ja, wirklich! Und das könnt Ihr jetzt wahlweise auf die lange Zeit beziehen, die ich das nicht getan habe, oder darauf, dass mir das endlich gelungen ist; oder auf beides. Knapp zehm Monate nun schon. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das jemals gelingen könnte.

Was mir Mut macht in Bezug auf andere Verhaltensänderungen, die ich auf dem inneren Zettel habe. Von denen könnt Ihr dann im Jahresrückblick 2021 lesen.

Und ab in den Lockdown!

Ein gelungener Samstagabend

Kleine Vorbemerkung: Es genügt, das Bild anzuschauen, der Text fügt nur wenig hinzu.

Vorher                                     Nachher

Nur damit Ihr das würdigen könnt, das älteste Dokument aus der Medizinschublade war ein Bluttest aus 2013. Der ist jetzt sauber abgelegt, auch wenn mir unklar ist für wenn. Oder was.

Was die Medikamente angeht, umfasste der Inhalt ungefähr ein Jahrzehnt meiner Krankengeschichte. Es gab Medikamente gegen Krankheiten, von denen ich nicht erinnere, dass ich sie jemals einem Arzt gegenüber erwähnt habe.

Auch von dem Fieberthermometer wusste ich nicht, dass ich es besitze. Erkältungsbalsam in kleinen, runden Glasbehältern geht klar, kann ich erinnern. Also dass ich mal welches verwendet habe. Welches von den drei angebrochenen kann ich nicht sagen. Ein viertes ist noch in der Umverpackung, das kann´s auf keinen Fall gewesen sein.

Ganz hinten noch was gegen Pilze, da habe ich wenigstens noch eine Idee, warum ich das aufhebe. Oder die Schmerztabletten. Dabei lasse ich mir schon gar keine mehr verschreiben, wenn ich sie angeboten bekomme. Zwei StarWars-Pflaster, die dürfen auch nicht weg. Eine Tinktur gegen Warzen. Ob ich die gegen diese Hautveränderungen einsetzen könnte, die mich zunehmend stören?

Und dann die Sammlung von Rasierklingenhaltern, drei verschiedene Systeme und eine Einmalrasierklinge, alles in der Medizinschublade. Eindeutig ein Kategorienfehler, den ich in den Mülleimer auflöse. Ordnung kann so befreiend sein!

Nicht trennen kann ich mich von dem ganzen Zeug gegen Muskelschmerzen, Prellungen und Zerrungen. Dieses ganze Zeug für den Läufer und Sporttreibenden, der ich nicht mehr sein kann. Mein Selbstbild ist noch nicht in meiner Realität angekommen.

Am Ende des Abends hat sich die Schublade einmal geleert und dann wieder gefüllt. Ich besitze jetzt nur noch Medikamente, von denen ich zumindest ungefähr weiß, wogegen oder wofür ich sie einsetzen könnte. Und damit bin ich zufrieden.

Nachbemerkung: Du warst gewarnt.

John Conway, Game of Life

Der Mathematiker John Horton Conway starb am 11.4.2020 im Alter von 82 Jahren an einer Covid-19-Infektion.

XKCD: RIP John Conway

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Was Ihr im xkcd-Comic seht ist eine Illustration einer seiner Schöpfungen, dem Game of Life. Explainxkcd.com erklärt uns dazu via DeepL.com auch auf deutsch:

Conways Game of Life besteht aus einem Gitter aus quadratischen Zellen, die sich mit der Zeit entlang vorgegebener Regeln verändern.

In einer bestimmten Generation kann jede Zelle entweder lebendig oder tot (leer) sein. Um das Gitter für die nächste Generation zu berechnen, wird jede Zelle nur von den acht Zellen beeinflusst, die orthogonal und diagonal zu ihr liegen. Das sind ihre Nachbarn. Das sind die Regeln:

  • Eine lebende Zelle, die keine oder nur einen lebenden Nachbarn hat, stirbt an der Isolation.
  • Eine lebende Zelle mit vier oder mehr lebenden Nachbarn stirbt an Überbelegung.
  • Daher haben die einzigen Zellen, die überleben, genau zwei oder drei lebende Nachbarn.
  • Darüber hinaus wird in jeder leeren Zelle mit genau drei lebenden Nachbarn eine neue Zelle „geboren“.

Obwohl die Regeln einfach sind, können sich daraus enorm komplexe Muster entwickeln, wie z.B. „Stillleben“ (die sich über Generationen nicht verändern), „Oszillatoren“ (die eine Reihe von Mustern über einen bestimmten Zeitraum wiederholt durchlaufen) und „Raumschiffe“ (die ihr eigenes Muster versetzt zum Original reproduzieren).

[…]

Der Anfangszustand des im Comic dargestellten Spiels *verläuft* in der Tat so, wie er dargestellt ist, gemäß den obigen Regeln.

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version), der erste Satz wurde von mir verändert

Soviel zum Game of Life. Ich wäre hier auf Conways Tod nicht eingegangen, wenn ich nicht  – nur wenige Tage zurück – versucht hätte, das Game of Life meiner Freundin zu erklären. Mit mäßigem Erfolg, wie ich glaube; tja, hätte ich damals schon den xkcd-Comic gehabt … . Oder Wikipedia.

Kommt hinzu, dass ich irgendwann in den 90er Jahren mal versucht habe, in C zu programmieren und eines meiner ersten halbwegs funktionalen Programme eine Version von Game of Life war. Angeregt damals durch Computer-Kurzweil, eine Kolumne  der Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“.

Heute würde ich versuchen, das irgendwie im Netz umzusetzen. Und feststellen, dass da andere vor mir (und besser!) waren. Sehr schön umgesetzt, das.